taz.de -- EU-Parlament gegen Internet-Monopole: Umstrittener Warnschuss an Google

Suchmaschinen dürfen ihre Marktmacht nicht missbrauchen, fordert das EU-Parlament. Grüne und Piraten kritisieren die Resolution.
Bild: Der Suchmarkt habe „besondere Bedeutung für den Wettbewerb“.

BRÜSSEL taz | Das Europaparlament fordert den US-amerikanischen Internetkonzern Google heraus. In einer nicht bindenden Resolution stimmten die EU-Abgeordneten am Donnerstag in Straßburg dafür, das Suchmaschinengeschäft von anderen Unternehmensbereichen abzutrennen. Angewandt auf den Marktführer Google, würde dies eine Aufspaltung des Konzerns bedeuten.

Allerdings wird Google in der Entschließung nicht namentlich erwähnt. Zudem hat nur die EU-Kommission das Recht, zu handeln – und sie ist an die Forderung des Parlaments nicht gebunden. Die Brüsseler Behörde ermittelt bereits seit einigen Monaten gegen Google, hat bisher jedoch keine Zerschlagung empfohlen.

Bemerkenswert ist auch, wie die Resolution zustande kam: Sie wurde von dem spanischen Abgeordneten Ramon Tremosa und dem deutschen CDU-Politiker Andreas Schwab vorangetrieben. Beide kommen aus Ländern, die – nicht zuletzt auf Druck heimischer Verleger wie Axel Springer – die enorme Marktmacht von Google brechen wollen. Deutschland und Spanien standen damit jedoch bisher allein.

Dies könnte sich nun ändern, zumal auch der neue Internetkommissar, Günther Oettinger, ein deutscher CDU-Politiker ist. Oettinger hat sich bereits mehrfach für ein härteres Vorgehen gegen Google ausgesprochen. Das Europarlament schwenkt nun auf die deutsche Linie ein – wenn auch verklausuliert. Die Kommission müsse verhindern, dass Suchmaschinen ihre „dominierende Stellung“ auf dem Markt missbrauchten. Ziel müsse es sein, „Suchmaschinen von anderen kommerziellen Diensten zu entkoppeln“, heißt es in dem Text, der mit 384 gegen 174 Stimmen bei 56 Enthaltungen angenommen wurde. Im Klartext: Google, das den Markt zu 90 Prozent beherrscht, soll seine Suchmaschine und andere Angebote wie Landkarten, Mail oder Übersetzungen entkoppeln.

Netzneutralität und Verbraucherschutz

Doch warum das Ganze? Bisher gibt es weder in Deutschland noch in Europa eine ernstzunehmende Konkurrenz zu Google. Die Abgeordneten werfen Google auch keinen Missbrauch vor, sondern verweisen auf das enorme Potenzial, das eine „nichtdiskriminierende“ Suche hätte. Der Suchmarkt sei „von besonderer Bedeutung für den Wettbewerb“, heißt es. Ähnlich argumentieren auch die deutschen Verlage, denen Googles kostenlose Nutzung von Medieninhalten ein Dorn im Auge ist.

In Wahrheit gehe es um das deutsche Leistungsschutzrecht, argwöhnt denn auch die Piraten-Abgeordnete Julia Reda. Kritik kommt auch von ihrem grünen Fraktionskollegen Jan Philip Albrecht. Netzneutralität und Verbraucherschutz würden in der Resolution nur unzureichend berücksichtigt.

27 Nov 2014

AUTOREN

Eric Bonse

TAGS

Google
Suchmaschine
Monopol
EU-Parlament
Resolution
Internet
Youtube
Journalismus
Internet
Google
Internet
Netzneutralität
Anonymous
Google
Firefox
Netzneutralität

ARTIKEL ZUM THEMA

EU-Kommission zu Geoblocking: Youtube-Videos für alle

Kommissar Andrus Ansip kündigt an, sich für eine Harmonisierung der Internetwirtschaft in der EU einzusetzen. Seine Pläne sind jedoch noch vage.

Bilanz der Axel Springer AG: „Alle Ziele erreicht“

Der Verlag will „die Idee der Zeitung vom Papier lösen“. Schon heute erwirtschaftet Axel Springer über 70 Prozent des Gewinns mit Digitalangeboten.

Lockangebote bei GMX und Web.de: Vorsicht! Geschenke gibt es nicht

Die Mailanbieter GMX und Web.de verführen ihre Kunden zu kostenpflichtigen Abos. Verbraucherschützer sind alarmiert und drohen mit dem Staatsanwalt.

Newsaggregator schließt in Spanien: Google ist „wirklich traurig“

Nach einer Abgabe auf alle Auszüge von Verlagsinhalten macht Google einen radikalen Schnitt in Spanien. Der Dienst Google News wird geschlossen.

Kommentar Netzneutralität: Da hilft nur ein Gesetz

Der Breitbandausbau muss und wird kommen. Die Provider wollen trotzdem kassieren. Echte Netzneutralität kann daher nur gesetzlich gesichert werden.

Netzneutralität in Deutschland: Eine 0 für eine 1 ausgeben

Die Bundesregierung will die Gleichbehandlung beim digitalen Datentransfer. Aber profitable Spezialdienste haben dann doch Vorrang.

Steven Levy über Macht und Ethik: „Der Hackergeist kann helfen“

Vor 30 Jahren erschien in den USA das Buch „Hackers“ von Steven Levy. Darin wurde zum ersten Mal eine Hackerethik formuliert.

EU-Parlament will Google aufspalten: Die Übermacht brechen

Die Marktmacht von Google wird auch in Brüssel mit Skepsis betrachtet. Nun regt die EU eine Abspaltung der Suchmaschine von anderen Geschäftssparten an.

Mozilla bricht mit Google: Firefox sucht bald mit Yahoo

100 Milliarden Mal im Jahr suchen die Firefox-Nutzer im Internet. Dafür sollen sie bald nicht mehr Marktführer Google nutzen, findet Anbieter Mozilla.

EU-Entwurf zu Netzneutralität: Gleichbehandlung gelockert

Ein neuer Entwurf der EU-Staaten zur Netzneutralität ist lockerer formuliert als noch im Frühjahr. Nur bestimmte Inhalte sollen vor Drosselung geschützt werden.