taz.de -- Kommentar Atomenergie in Finnland: Exotische Energiepolitik
Die finnische Regierung setzt weiter auf Atomkraft – auch um die guten Beziehungen zu Russlands Präsident Putin nicht zu gefährden.
Über ein vermeintlich glänzendes Geschäft freut sich die Atomlobby in Finnland: Zu einem Schnäppchenpreis bekomme man von Russland ein neues Atomkraftwerk hingestellt, womit man das Atomkraftzeitalter um weitere 50 Jahre verlängern könne. Und das soll erst der Anfang sein. Die Pläne für zwei weitere Reaktoren sind schon in der Pipeline. Würden diese verwirklicht, wäre weltweit in keinem Land der Anteil an Atomstrom so hoch wie in Finnland.
Abgesehen davon, dass sich die staatliche Atomindustrie in Russland vom Reaktor in Finnland einen Türöffner für weitere Auslandsaufträge erhofft, ist das politische Kalkül Moskaus offensichtlich: Schaut, trotz Sanktionen gegen Russland baut Finnland die Zusammenarbeit mit uns sogar weiter aus.
Mehr als merkwürdig im Übrigen das Argument finnischer Politiker, die den Russland-Deal damit rechtfertigten, dass ein Nein zu Rosatom ja den Präsidenten Wladimir Putin vor den Kopf stoßen und die guten Beziehungen zu Moskau gefährden könne. Oppositionelle Parlamentarier in Helsinki erinnerten zu Recht daran, dass man solche Bauchkriecherpolitik aus den Zeiten des Kalten Krieges kenne. Und dass diese Haltung damals einen Namen hatte: Finnlandisierung.
Spinnen sie also, die Finnen? In Deutschland mag die finnische Energiepolitik exotisch anmuten. Doch ähnlich exotisch wird auch die deutsche woanders empfunden. Etwa in Schweden anlässlich des peinlichen Auftritts der Ministerpräsidenten aus Sachsen und Brandenburg in der vergangenen Woche, als die in Stockholm darum bettelten, doch mit Rücksicht auf deutsche Arbeitsplätze bitte, bitte nicht die Vattenfall-Braunkohleklimakiller abzuschalten.
Da ist wohl jemand im vergangenen Jahrhundert stehengeblieben. Hier wie dort.
7 Dec 2014
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