taz.de -- Kommentar ADAC-Reform: Von wegen Neuanfang
Deutschlands größter Verkehrsclub verspricht eine Organisationsreform. Tatsächlich will er sich aber nur Steuervorteile sichern.
Für Deutschlands größten Verein war 2014 das Horrorjahr schlechthin. Frechste Tricksereien beim „Gelben Engel“, mit dem die 19 Millionen ADAC-Mitglieder ihr „Lieblingsautos“ wählen sollten, sorgten für einen massiven Skandal: Die Ergebnisse waren manipuliert; die Zahl der abgegeben Stimmen war in der protzigen, über 300 Millionen Euro teuren Münchener ADAC-Zentrale vervielfacht worden. Sinnbild für Filz wurden Privatflüge, mit denen die Vereinsoberen die Hubschrauber der Luftrettung zweckentfremdeten.
Heute wirbt der ADAC mit Reformen, es zählen die Interessen der Mitglieder. So sollen etwa Einkaufsvorteile weitergegeben werden. Im Kern aber dient das am Wochenende vorgestellte Drei-Säulen-Modell des Vereins nur der Steuervermeidung: Eine Aufspaltung der Milliardengeschäfte des ADAC in „Club“, Aktiengesellschaft und gemeinnütziger Stiftung soll verhindern, dass der Münchener Selbstbedienungsladen seinen Vereinsstatus verliert – und damit Steuervorteile in Millionenhöhe.
Versprechen, die Vorfeldorganisation der CDU/CSU – Expräsident Peter Meyer sitzt im Wirtschaftsrat der Christdemokraten – werde auf politische Einflussnahme, auf den Kampf gegen Tempolimit und Co. verzichten, sind dagegen Geschichte. So wirbt das Vereinsblatt Motorwelt aktuell etwa für das Recht auf Autofahren bis ins biblische Alter – und argumentiert, ein 93-Jähriger (!), der auf Nachtfahrten verzichte, verfüge über „viel gesunde Selbsteinschätzung“.
Im gleichen Heft wirft ADAC-Geschäftsführerin Marion Ebentheuer mit Floskeln wie „Dialog“ und „Austausch“ nur so um sich, verspricht eine „neue Kultur“. Dabei weiß Ebentheuer selbst, wie inhaltsleer dieser Neusprech ist: Der „Kulturwandel“ werde „viele Jahre“ brauchen. Schöner kann man gewollten Stillstand wohl nicht beschreiben.
7 Dec 2014
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