taz.de -- Debatte über Doppelhaushalt: Gescheiterte Abrechnung

Die gesammelte Opposition von rechts bis links beißt sich in der Generaldebatte der Bürgerschaft an SPD-Bürgermeister Olaf Scholz die Zähne aus.
Bild: Mehr oder weniger? Die Bürgerschaft debattiert auch über Straßensanierung.

HAMBURG taz | So arg schwierig ist es für die SPD nicht, sich als Sachwalter Hamburgs aufzuspielen. Zwei Kritiker von links, zwei von rechts – da fällt es den mit absoluter Mehrheit regierenden Sozialdemokraten leicht, in der Generaldebatte der Bürgerschaft über den Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre (siehe Kasten) am gestrigen Montag ihren Kurs des „weiter ordentlich Regierens“ als goldenen Mittelweg zu verkaufen. Zwei Monate vor der Bürgerschaftswahl offenbarte die gesammelte Opposition ihr größtes Problem: Es heißt Olaf Scholz.

Weniger Schulden und härter sparen, fordern CDU und FDP. Weniger Schulden und weniger sparen, finden die Grünen, mehr Schulden und weniger sparen, sagen die Linken – Schulden langsam abbauen, ohne die Stadt kaputtzusparen, sagen SPD und ihr Bürgermeister. Und besetzen damit den Platz, der in Deutschland und in Hamburg als Platz der Sieger gilt: die politische Mitte.

Wohnungsbau und Straßensanierung, Investitionen in Schulen und Hochschulen, Fahrradwege oder U-Bahnen, mehr Geld für Kitas und Flüchtlinge – durch alle Ressorts und Themen debattiert die Bürgerschaft seit gestern und noch bis morgen das entscheidende Thema: mehr rote oder mehr schwarze Zahlen? Für den blassroten SPD-Bürgermeister Olaf Scholz, der siegesgewiss in die Bürgerschaftswahl im Februar geht, ist die Antwort klar: „Es gibt zur Konsolidierung des Haushaltes keine Alternative.“

Und wenn CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich das Busbeschleunigungsprogramm „Verkehrsideologie“ und die versprochene U-Bahn für Lurup bis 2040 „Wählertäuschung“ nennt, prallt das locker an der SPD ab. „Warum erwähnen Sie unser erfolgreichen Wohnungsbauprogramm nicht, Herr Wersich?“, fragt rhetorisch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel und gibt sich dann die Antwort selbst: „Weil die CDU zehn Jahre lang nichts für bezahlbare Wohnungen gemacht hat.“

Der grüne Fraktionschef Jens Kerstan beschwört die Stadtbahn, schimpft die SPD-Politik der vergangenen vier Jahre „umweltfeindlich und unsozial“, nennt die Haushaltspolitik „unsolide“ und schafft es dennoch, eventuelle Koalitionsverhandlungen mit der SPD nach der Februar-Wahl nicht jetzt schon mit zu bösen Vorwürfen zu belasten.

Eben diesen Spagat übersteht auch FDP-Spitzenfrau Katja Suding ohne Zerrung. „Hamburg verscholzt und hat keine mutigen Zukunftskonzepte“ ist keine Kritik, mit der Suding sich die Option auf einen rot-gelben Senat verscherzen würde, sollte die FDP die nächste Wahl doch überleben.

Und selbst die sonst so kampfeslustige Fraktionschefin der Linken, Dora Heyenn, warf der SPD eher pflichtschuldigst eine „Politik nach Gutsherrenart“ vor. „Wenn man der Opposition so zuhört, kommt man zu dem Schluss“, so das Fazit von Olaf Scholz, „dass der SPD-Senat seine Arbeit vier Jahre lang gar nicht so schlecht gemacht hat.“

Am Bürgermeister, das zeigte die Debatte, biss sich die gesamte Opposition die Zähne aus. Kann ja ein lustiger Wahlkampf werden.

15 Dec 2014

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Sven-Michael Veit

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