taz.de -- CSU über Flüchtlinge: Schneller abschieben

Die CSU-Bundestagsabgeordneten wollen rigider gegen Asylbewerber vorgehen. Der sozialdemokratische Koalitionspartner widerspricht.
Bild: Wenn es nach der CSU ginge, hätte es diese Notbetten für Flüchtlinge im Münchner Olympiastadion nicht gegeben.

BERLIN taz | Kurz vor der am Mittwoch beginnenden Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth ist bekannt geworden, womit die Christsozialen diesmal für maximale öffentliche Erregung sorgen wollen. 2014 war es die Parole „Wer betrügt, der fliegt“. 2015 geht es in diesem Stil weiter. Laut einer Beschlussvorlage spricht sich die Landesgruppe diesmal für Schnellverfahren bei Asylanträgen aus.

„Wer aus rein wirtschaftlichen Gründen das Recht auf Asyl als Einwanderungsrecht missbraucht, muss Deutschland zügig wieder verlassen“, heißt es in dem Papier. Die Landesgruppe – also alle CSU-Bundestagsabgeordneten – befürwortet bei einfach gelagerten Fällen beschleunigte Abschiebungen. Künftig sollen demnach solche Verfahren binnen sechs Wochen rechtskräftig abgeschlossen werden; bisher dauern Asylverfahren in Deutschland durchschnittlich acht Monate.

Als einfach gelagert gelten Fälle, bei denen die AntragstellerInnen bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden oder aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat kommen. Derzeit gehören dazu die EU-Mitgliedsländer, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien, außerdem Ghana und Senegal.

Der CSU-Vorstoß steht im Gegensatz zur Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden. Statt wie Angela Merkel für Mitmenschlichkeit gegenüber Asylsuchenden einzutreten, redet die CSU-Landesgruppe jenen das Wort, die sich politisch bei der europafeindlichen AfD und den fremdenfeindlichen Pegida-Aufmärschen zu Hause fühlen.

Keile für Winterabschiebestop

Zwar sprechen sich die Bayern in dem Papier auch für eine Ausweitung des Bleiberechts für junge Flüchtlinge aus, die sich über eine Ausbildung in den Arbeitsmarkt integrieren können. Im gleichen Atemzug jedoch verurteilen sie den Winterabschiebestopp in Thüringen und Schleswig-Holstein. Mit dieser Maßnahme würden „konsequente Rückführungen und Ausweisungen gezielt unterlaufen“.

Seitens der Schwesterpartei CDU meldete sich Generalsekretär Peter Tauber zu Wort. In einem dpa-Interview sagte er, andere Länder hätten Deutschland voraus, dass sie Zuwanderern vermittelten: ’Du bist einer von uns. Wir wollen, dass du dich zu unserem Land bekennst. Wir brauchen dich‘. Das käme in Deutschland noch zu kurz.

Rechtsweg als Schutz vor Fehlentscheidungen

Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, erklärte: „Die CSU will mal wieder den starken Max markieren, aber riskiert die Verfassungswidrigkeit ihrer Vorschläge.“ Der Artikel 19 des Grundgesetzes garantiere auch jedem Flüchtling den Rechtsweg. Schnellverfahren, wie sie die CSU vorschlage, stellten dies in Frage. Statt den Rechtsstaat aushöhlen zu wollen, seien die besten Mittel zur Beschleunigung von Asylverfahren mehr Entscheider beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, sowie frühe Anhörungsverfahren.

In vielen Fällen entscheide das Bundesamt zu Unrecht gegen die Flüchtlinge, weshalb diese erst in langen Gerichtsverfahren zu ihrem Recht kämen. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi versicherte am Freitag, die Koalition werde das Recht „auf ein faires Verfahren“ nicht antasten.

Erst vor vier Wochen hatte die Bundesregierung eine Reform des Aufenthaltsrechts verabschiedet. Damit sollen straffällige Ausländer, aber auch Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung einfacher abgeschoben und mit Wiedereinreisesperren belegt werden können. In Deutschland leben derzeit mehr als 100.000 Geduldete.

2 Jan 2015

AUTOREN

Anja Maier

TAGS

CSU
Flüchtlinge
Abschiebung
Schwerpunkt Volker Beck
Emsland
Schwerpunkt Rassismus
Asylsuchende
Parteichef
Flüchtlinge
Flüchtlinge
CSU
Mittelmeer
Flüchtlinge
Flüchtlinge
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD

ARTIKEL ZUM THEMA

Suzana S. darf bleiben: Ein besonderer Härtefall

Der Landkreis Emsland unterliegt vor Gericht und muss die Aufenthaltsgenehmigung der fünffachen Mutter Suzana S. und ihrer Kinder verlängern.

Abgeschoben nach rassistischem Überfall: Der einzige Zeuge

Nach einem mutmaßlich rassistischen Überfall schiebt Mecklenburg-Vorpommern das traumatisierte Opfer ab. Das macht die Strafverfolgung fast unmöglich.

Berufsausbildung für Asylbewerber: Ausgerechnet Bayern

Die CSU fordert einen härteren Kurs gegenüber Migranten. Gleichzeitig ist der Freistaat Vorbild bei der Integration junger Flüchtlinge.

Parteichefposten bei der CSU: Die Thronfolge bleibt weiter offen

Horst Seehofer will 2018 abtreten. Eine Nachfolgedebatte wünscht er nicht. Doch eine friedliche Machtübergabe gab es bei der CSU noch nie.

Folgen der Asylrechtsreform: „So viel verlorene Zeit“

Die neuen Gesetze helfen den Flüchtlingen Jibran Khalil und Sam Toluie, Arbeit und Ausbildung zu finden. Darauf haben beide sehr gehofft.

Mehr Abschiebungen von Flüchtlingen: Bundesamt setzt auf Abschreckung

Drei Balkan-Staaten gelten seit kurzem als „sichere Herkunftsländer“, doch Flüchtlinge kommen trotzdem. Die Behörden wollen sie deshalb abschrecken.

Kolumne Geht's noch: Die Böller vor Wildbad Kreuth

Alle Jahre wieder verschießt die CSU vor der Klausurtagung ihr Pulver, um die bösen Geister zu vertreiben. Und wir Journalisten machen mit.

Flüchtlingsschiffe auf dem Mittelmeer: Ein äußerst lukratives Geschäft

Erneut wird ein Schiff mit Flüchtlingen auf hoher See von Schleusern zurückgelassen. Ihnen bringt das vier bis fünf Millionen Euro.

CSU über Flüchtlinge: Schnellverfahren für Asylbewerber

Abschieben und ausbilden: Asylverfahren sollen beschleunigt werden. Gleichzeitig will die CSU anerkannte Flüchtlinge besser an den Arbeitsmarkt heranführen.

Reaktionen Neujahrsansprache Merkel: Ruhig öfter Klartext reden

In ihrer Neujahrsansprache fand Bundeskanzlerin Angela Merkel deutliche Worte gegen Pegida, ohne den Namen zu nennen. Die Opposition lobt. Die AfD ätzt.

Friedrichs Kritik an Merkels CDU: Das willkommene Genörgel

Die Frage, worin noch der konservative Kern besteht, beschäftigt nicht nur den Exminister. Aber die CDU hat einen Auftrag: mehr Frauen und Zuwanderer.

Kommentar Angela Merkel und Pegida: Mit denen gibt es nichts zu bereden

Wer sich von der Meute treiben lässt, wird von ihr gefressen. Wer Ressentiments zu „Sorgen“ adelt, bewegt sich an der Grenze zum Kriminellen.