taz.de -- Reaktionen auf Anschlag in Frankreich: „Charlie“ unsterblich gemacht

Muslimische Verbände verurteilen den Anschlag, nicht nur in Frankreich. Er sei ein „Angriff auf die Demokratie und die Pressefreiheit“.
Bild: Polizisten sichern den Tatort des Anschlags.

BERLIN taz | Islamische Würdenträger und Verbände weltweit haben den mörderischen Überfall auf Charlie Hebdo in Paris verurteilt. Von einem „barbarischen Akt“ und einem „Angriff auf die Demokratie und die Pressefreiheit“ sprach der Rat der Muslime in Frankreich CFCM (Conseil français du culte musulman), der die 5 Millionen Muslime des Landes vertritt. CFCM-Präsident Daili Boubakeur, der langjährige Rektor der Großen Moschee von Paris, wollte noch am Mittwoch den Anschlagsort besuchen.

„In einem angespannten internationalen politischen Kontext, angeheizt von den Spinnereien terroristischer Gruppen, die sich fälschlicherweise auf den Islam beziehen, rufen wir all jene auf, die an den Werten der Republik und der Demokratie hängen, Provokationen zu vermeiden, die nur dazu dienen, Öl ins Feuer zu gießen“, so der CFCM weiter.

Die rivalisierende „Union islamischer Organisationen Frankreichs“ (UOIF), die den Muslimbrüdern nahesteht, verurteilte ihrerseits aufs Schärfste „diesen kriminellen Akt“. Frankreichs wohl bekanntester Imam Hassen Chalghoumi sagte: „Die Barbarei der Angreifer hat nichts mit dem Islam zu tun.“ Auf Hass könne man nicht mit Gegenhass antworten, sagte der aus Tunesien stammende Geistliche beim Besuch des Tatorts gegenüber dem französischen TV-Sender BFMTV. „Die Journalisten sind die Märtyrer der Freiheit.“ Chalghoumi leitet die Moschee im französischen Drancy.

Antirassistische und jüdische Verbände in Paris riefen gleichermaßen dazu auf, jetzt zur Verteidigung der Meinungsfreiheit und gegen Gewalt zusammenzustehen.

Der Islam verabscheut Gewalt

Die Kairoer Al-Azhar-Moschee, wichtigste religiöse Institution des sunnitischen Islam – auf die sich auch der „Islamische Staat“ (IS) beruft – verurteilte den Anschlag ebenfalls und wies darauf hin, dass der Islam Gewalt verabscheue. Rachid Ghannouchi, Präsident der islamistischen Partei Ennahda in Tunesien, sprach von einem „feigen und kriminellen Akt“ und sagte, man müsse „diese terroristischen Akte, ihre Urheber, ihre Anstifter und all ihre Unterstützer strengstens verurteilen“.

Im Internet gab es vereinzelt Jubel für die Attentäter. Ein Twitterer schrieb: „Es lebe IS-Frankreich! Man kann den Propheten verunglimpfen und zwanzig Jahre später den Preis zahlen.“ Ein anderer schrieb: „Ich bin ja so glücklich. Diese Hurensöhne von Rassisten, ich werde auf ihren Gräbern lachen.“

Aber noch viel mehr hagelte es Solidaritätsbekundungen für Charlie Hebdo. „Ihr wolltet Charlie Hebdo töten? Ihr habt es unsterblich gemacht“, heißt es in einem tausendfach verbreiteten Tweet. Viel verbreitet wurde auch dieses Zitat des ermordeten Chefredakteurs Charb aus dem Jahr 2012: „Ich habe keine Angst. Ich habe keine Kinder, keine Frau, kein Auto, keinen Kredit. Es klingt aufgeblasen, aber ich will lieber aufrecht sterben als auf Knien leben.“

7 Jan 2015

AUTOREN

Daniel Bax
Dominic Johnson

TAGS

Islamismus
Anschlag
Satiremagazin
Charlie Hebdo
Gedenkveranstaltung
Islamismus
Terrorismus
Satiremagazin
Charlie Hebdo
Satiremagazin
Schwerpunkt Frankreich
Charlie Hebdo
Charlie Hebdo
Charlie Hebdo

ARTIKEL ZUM THEMA

Palästinensische Demos für Terroropfer: „Palästina mit Frankreich solidarisch“

Fatah und PLO bekunden ihre Anteilnahme für die Opfer und demonstrieren gegen Fundamentalismus. Auch die Hamas verurteilt die Anschläge in Paris.

Kommentar Reaktionen in Frankreich: Ungewollter Krieg

Die Feinde kommen nicht aus der Ferne, sondern aus der Nachbarschaft: Frankreich befindet sich am Tag nach den Anschlägen im Schockzustand.

„Charlie Hebdo“-Video in den Medien: Blutige Bilder aus Paris

Schnell kursierte im Netz ein Video, das die Erschießung eines Polizisten zeigt. Journalisten gehen mit dieser Szene unterschiedlich um.

Nach Attentat auf „Charlie-Hebdo“: Molotowcocktails im Fluchtwagen

Die mutmaßlichen Haupttäter sind angeblich in Nordfrankreich. Elite-Einheiten wurden in die Gegend beordert. Die Polizei fand Material für weitere Anschläge.

„Charlie“-Attentat und „Jyllands-Posten“: „Schockiert, aber nicht überrascht“

Seit „Jyllands-Posten“ 2005 die „Mohammed-Karikaturen“ veröffentlichte, war die dänische Zeitung wiederholt Ziel von Anschlägen.

Kundgebungen nach Anschlag in Paris: Zehntausende gedenken der Opfer

Stifte als Symbol für die Pressefreiheit: In Frankreichs Städten gehen Tausende auf die Straßen und trauern um die Opfer nach dem Attentat auf „Charlie Hebdo“.

Anschlag auf „Charlie Hebdo“: Ein Verdächtiger stellt sich der Polizei

Zwei mutmaßliche Täter sind noch auf der Flucht, aber die französische Polizei kennt nun ihre Namen. In Reims wird mit einem Großaufgebot nach ihnen gefahndet.

Kommentar Anschlag auf „Charlie Hebdo“: Angriff auf die Pressefreiheit

In Paris wurde eine der wichtigsten Errungenschaften der Zivilisation angegriffen. Es wird deutlich, welch hohes Gut die Pressefreiheit ist.

Satiremagazin „Charlie Hebdo“: Karikaturen, die provozieren

Religiöse Satire ist ein fester Bestandteil von „Charlie Hebdo“. Das Blatt bekennt sich zur absoluten Pressefreiheit, Zeichner stehen unter Polizeischutz.

Terror in Frankreich: Tote bei Anschlag auf „Charlie Hebdo“

Bewaffnete Männer haben beim Satiremagazin „Charlie Hebdo“ in Paris um sich geschossen. Zwölf Menschen sterben. Nach den drei Tätern wird gefahndet.