taz.de -- Kommentar Hilfen für Griechenland: Das S-Wort? Da war doch mal was
Zwei Wochen vor der Wahl kommt der Linksopposition die Debatte in Brüssel um einen Schuldenschnitt gerade recht. Schließlich fordert sie diesen.
Noch will es kaum jemand öffentlich aussprechen oder gar befürworten, und doch ist das „S-Wort“ in aller Munde. Ein Schuldenschnitt für Griechenland? Da war doch mal was: Im Sommer 2011 kam der Schuldenschnitt für private Gläubiger. Schon damals erklärten Ökonomen, dass die Umwandlung der Gläubigerstruktur von privaten in öffentliche Kreditgeber eine gute Entscheidung ist, die jedoch gravierende Kollateralschäden für Banken und Versicherungen (nicht zuletzt in Griechenland und Zypern) mit sich bringt und das Schuldenproblem nicht löst, sondern nur vertagt.
Dass ausgerechnet zwei Wochen vor der Athener Parlamentswahl diese Debatte wieder hochkommt, ist der Linksopposition nur recht – fordert sie doch vehement eine Neuordnung des Schuldendienstes. Ob Schuldenerlass, Zahlungsmoratorium, Neuverhandlung oder Zinssenkung plus Verlängerung der Tilgungsfristen – klar ist jedenfalls, dass irgendetwas kommen muss nach der Neuordnung der politischen Landschaft in Hellas.
Womit wir wieder bei der Linksopposition wären: Dass man in Brüssel über einen Schuldenschnitt laut nachdenkt, bedeutet wohl, dass eine Syriza-Regierung nicht nur als Euroschreck, sondern auch als Verhandlungspartner wahrgenommen wird. Denn mit wem sonst würde man nach einem Linksruck in Athen über den Schuldenerlass beraten wollen?
Aufmerksamen Beobachtern dürfte außerdem nicht entgangen sein, dass Schwergewichte der Syriza ihre Wahlkampfrhetorik in Richtung Ausland etwas entschärfen und darauf hinweisen, dass sie einen ausgeglichenen Haushalt sowie eine höhere Belastung der Vermögenden anstreben. Wahrscheinlich hätten die EU-Partner nichts dagegen. Auch wenn als Gegenleistung ein Schuldenschnitt gemacht werden muss.
12 Jan 2015
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