taz.de -- Terror-Zellen in Deutschland: Verfahren gegen 350 Islamisten

Im November waren in Deutschland knapp 300 Verfahren gegen Islamisten anhängig. Diese Zahl ist deutlich gestiegen. Rund 100 Terror-Zellen werden beobachtet.
Bild: Justizminister Heiko Maas am 4.01.2015 vor der Sitzung des Bundeskabinetts im Bundeskanzleramt

BERLIN rtr | Die deutschen Sicherheitsbehörden haben einem Zeitungsbericht zufolge immer mehr islamistische Gruppen und Netzwerke im Visier. Der Verfassungsschutz beobachte rund 100 Islamisten-Zellen, berichtete die Welt am Sonntag (WamS). Konkrete Anschlagspläne seien nicht bekanntgeworden. Justizminister Heiko Maas sagte der Bild am Sonntag, derzeit gebe es Verfahren gegen etwa 350 Beschuldigte im Zusammenhang mit der in Syrien und im Irak kämpfenden Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Am Freitag hatte die Polizei Razzien gegen mehrere Islamisten-Zellen vorgenommen. Nach den Anschlägen von Paris gehen die Sicherheitsbehörden Hinweisen auf islamistische Anschläge auf die Hauptbahnhöfe in Berlin und Dresden nach. Belgien setzt inzwischen auch Soldaten zum Schutz gefährdeter Einrichtungen ein.

Bei den Islamisten im Visier der Verfassungsschützer handele es sich um Gruppen und Netzwerke von jeweils zehn bis 80 Personen, berichtete die WamS. Das Spektrum reiche von Gebetsgruppen über Online-Propagandisten bis hin zu Spendensammlern und heimgekehrten Syrien-Kämpfern.

Die Zahl von etwa 350 Verfahren gegen Beschuldigte im Zusammenhang mit IS wertete Justizminister Maas als Beleg dafür, dass das Strafrecht wirke. „Weitere Verschärfungen im Strafrecht sind nicht sinnvoll“, sagte der SPD-Politiker. „Purer Aktionismus stoppt keine Terroristen.“ Im November hatte Maas noch von knapp 300 Verfahren gesprochen.

Nach den Anschlägen in Paris, bei denen Islamisten 17 Menschen getötet hatten, waren auch in Deutschland die Behörden gegen Islamisten vorgegangen. Allerdings wurde betont, dass etwa die Razzien in Berlin oder Festnahmen in Wolfsburg und Dinslaken in keinem Zusammenhang mit den Anschlägen auf das Satireblatt Charlie Hebdo und auf einen jüdischen Supermarkt stünden.

18 Jan 2015

TAGS

Verfassungsschutz
Islamismus
Terrorismus
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Syrien
Salafisten
Berlin
Islamismus
Islamismus
Schwerpunkt Frankreich
Israel
Moschee
Manuela Schwesig
Hamburg

ARTIKEL ZUM THEMA

Syrienrückkehrer verurteilt: Nächstes Mal lieber Mallorca

Zwei Deutsch-Tunesier waren mehrere Monate in Syrien beim „Islamischen Staat“. Ein Celler Gericht verurteilte sie zu mehrjährigen Haftstrafen.

Von Dinslaken in den Dschihad: Lost in Lohberg

Gleich mehrere Männer aus einer früheren Zechenkolonie sind in den Krieg nach Syrien gereist. Seither steht Dinslaken unter Salafismus-Schock.

Sicherheit in der Hauptstadt: „Gefahr für Leib und Leben“

Polizisten auf Bahnhöfen, Razzien in der Islamistenszene. Alarmismus? Der Chef des Berliner Staatsschutzes, Oliver Stepien, bestreitet das.

Polizeiaktion in Nordrhein-Westfalen: Erneut Terrorverdächtige gefasst

Im Kampf gegen den islamistischen Terror hat der Generalbundesanwalt erneut Festnahmen angeordnet. Zwei Syrien-Rückkehrer wurden in NRW festgenommen.

Razzia in Berlin und Thüringen: Durchsuchung bei Islamisten

Vor vier Tagen nahm die Polizei mutmaßliche Terroristen fest. Nun durchsuchten die Behörden mehr als ein Dutzend Wohnungen in Berlin, Brandenburg und Thüringen.

Frankreich nach den Anschlägen: Die Moschee des Attentäters

Mit Pädagogik und Dialog will der Moschee-Vorstand von Gennevilliers die Jugend erreichen. Einer, der hier betete, war der Attentäter Chérif Kouachi.

Sieben IS-Mitglieder verhaftet: Terror-Zelle in Israel ausgehoben

Die israelischen Behörden haben sieben Mitglieder der Terrrormiliz Islamischer Staat verhaftet. Sie hatten Enthauptungen an Tieren geübt.

Muslime distanzieren sich vom Terror: „Wir wollen Stellung beziehen“

Deutsche Muslime distanzieren sich von religiöser Gewalt. Gegen Radikalisierung hätten Gemeinden wenig Macht, sagt der Vereinsvorsitzende der Berliner Sehitlik-Moschee.

Islamkonferenz in Berlin: Zum allgemeinen Wohl

Muslime und Minister rufen nach den Pariser Angriffen zum Zusammenhalt auf. Manuela Schwesig gibt mehr Geld für Programme gegen Radikalisierung.

Islamisches Selbstvertrauen: „Es gibt ein Problem“

Die Schura Hamburg über den Umgang des Islam mit Extremismus. Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur spricht über Pegida, Radikalisierung und Abschottung