taz.de -- Intersexualität in Geburtsurkunde: Gericht lehnt „inter“ ab

In Celle hat das Oberlandesgericht die Klage einer intersexuellen Person abgewiesen. Sie wollte, dass in ihrer Geburtsurkunde als Geschlechtsmerkmal „inter“ steht.
Bild: Fahnen wehen beim Christopher Street Day - dort gehen jährlich Tausende auf die Straße, um für LGBTQI-Rechte zu demonstrieren

CELLE/HANNOVER epd | Das Oberlandesgericht Celle hat die Beschwerde einer 25-jährigen, vom Standesamt bislang als Frau geführten Person zurückgewiesen, die ihre Geburtsurkunde ändern lassen will. Die Klägerin aus Gehrden bei Hannover wollte erreichen, dass dort als Geschlechtsmerkmal „inter“ oder „divers“ aufgeführt wird statt „Mädchen“, wie die Initiative „Dritte Option“ am Wochenende in Hannover mitteilte. Sie bezeichnet sich selbst als intersexuell und sei weder Mann noch Frau.

Das Gericht urteilte jedoch, dass die Voraussetzungen für einen solchen Eintrag nicht vorlägen. Wenn ein Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuzuordnen sei, könne die Angabe des Geschlechts nach geltender Regelung zwar offenbleiben.

Ein drittes Geschlecht „inter“ oder „divers“ sei jedoch nicht vorgesehen. Die Antragstellerin könne demnach lediglich eine Streichung des Eintrags „weiblich“ erreichen. Die Celler Richter bestätigten damit ein Urteil des Amtsgerichts Hannover vom Oktober.

Die Klägerin hatte im Sommer die Änderung ihrer Geburtsurkunde beim Standesamt in Gehrden beantragt. Die Initiative „Dritte Option“ kündigte an, sie wolle im nächsten Schritt vor den Bundesgerichtshof ziehen. Der Staat müsse geschlechtliche Identitäten jenseits von Mann und Frau anerkennen. Nach Angaben des Bundesverbandes Intersexueller Menschen haben in Deutschland rund 80.000 bis 120.000 Menschen zugleich männliche und weibliche Geschlechtsmerkmale.

25 Jan 2015

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