taz.de -- Neues Kabinett in Tunesien vorgestellt: Regierung mit Islamisten

Tunesiens designierter Regierungschef Essid will gemeinsam mit den Islamisten der Ennahda regieren. Diese sollen einen Minister und drei Staatssekretäre stellen.
Bild: Staatschef Béji Caïd Essebsi (r.) hat Habib Essid (l.) mit der Regierungsbildung beauftragt.

TUNIS afp | Der designierte tunesische Regierungschef Habib Essid hat am Montag ein neues Kabinett vorgestellt – diesmal mit der Beteiligung von Islamisten. Die neue Regierung besteht zu großen Teilen aus Mitgliedern der Partei Nidaa Tounès, für die auch der parteilose Essid bei der Parlamentswahl im vergangenen Oktober angetreten war.

Dem neuen Kabinett sollen nun aber auch ein Minister und drei Staatssekretäre der islamistischen Ennahda angehören. Am 23. Januar hatte Essid bereits eine Regierungsmannschaft vorgestellt, diese aber nach heftiger Kritik zurückgezogen.

Tunesiens im Dezember gewählter Staatschef Béji Caïd Essebsi, der Gründer von Nidaa Tounès, hatte Essid Anfang Januar mit der Regierungsbildung beauftragt. Das Parlament soll die Regierung nun am Mittwoch bestätigen. Die Partei Nidaa Tounès ist mit 86 von 217 Abgeordneten stärkste Fraktion im Parlament, gefolgt von der islamistischen Ennahda-Partei mit 69 Sitzen.

Mit 16 Abgeordneten ist die Freie Patriotische Union (UPL) drittstärkste Fraktion im Parlament. Die Partei des schwerreichen Geschäftsmanns und Eigentümers des Fußballvereins Club Africain, Slim Riahi, ist auch in der Regierung vertreten. Die vierte Partei ist die liberale Afek Tounès, die acht Mandate innehat.

Die antiislamistische und neoliberal ausgerichtete Nidaa Tounès gilt als Sammelbecken der alten Staatselite um den 2011 in einem Volksaufstand gestürzten langjährigen Machthaber Zine El Abidine Ben Ali. Essid bekleidete unter Ben Ali die Ämter des Kabinettschefs im Innenministerium und eines Umwelt-Staatssekretärs. Nach dem Umsturz von 2011 war er Innenminister.

2 Feb 2015

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