taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Schnell! Holt unsere Unfähigsten!

Günther Jauch unplugged, Online ist das Bangladesch der Verlage und Journalisten-Jurys haben Probleme, Frauen als Preisträger zu finden.
Bild: So sieht der Blackout bei Günther Jauch aus

Hallo taz-Medienredaktion!

Was bin ich froh, dass ich nicht via Flachbildschirm berichte, sondern auf Holz. Selbst wenn jetzt bei den Leser-Leuchten der Strom ausfällt – ich bin da. Ehrlich gesagt, ich glaube ja, der Stromausfall zu Beginn der Sendung „Günther Jauch“ war Jauch selbst.

Erst habe ich vermutet, in der Schrottstadt Berlin würden wohl immer noch die Kabel von 1939 ihren Dienst tun oder die Russen hätten die Diskussion über Griechenland verhindern wollen. Dann aber wurde mir klar, das war der Günther selbst. Der will seine olle Sendung interessant machen.

Jetzt, wo der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke so selbstverständlich in der Runde sitzt wie einst Kubicki zu jedem Thema von Teenagerschwangerschaften bis Abrakadabra, also die Rechtskonservativen im bürgerlichen Jauch angekommen sind, müssen dolle Effekte her, um die Sendung interessant zu machen. Ein Stromausfall, also das Gegenteil von einem großen Knall, scheint ein probates Mittel.

Witzzeichnungen

Recht gut gefällt mir auch die Wahl der Waffen, die die Mullahs gewählt haben, die laut Bild zum Karikaturenwettbewerb aufgerufen haben. Statt weiteren Geknalls aus dem Gewehr haben sie die weltweite Forderung aufgenommen, den Kampf der Kulturen mit dem Stift auszufechten.

Zwar soll das Thema ihrer Witzzeichnungen der Holocaust sein – aber diese Provokation gilt es auszuhalten. Als Weltgemeinschaft. So geht man mit Provokationen um. Man bleibt ruhig. Wir haben ihren wundesten Punkt gesucht, ihren Propheten, sie wählen unseren. Immer druff. Im Sandkasten wie im Rest der Welt. Richtig wehtun wird wahrscheinlich eh die Ästhetik.

In der Darstellung von Personen traditionell sehr ungeübt und fern einer jeden künstlerischen Entwicklung, die auch nur annähernd als „up to date“ bezeichnet werden kann, ist hier von schlimmstem Gekrakel auszugehen. Ich fürchte, unsere unfähigsten Zeichner müssen zurückschlagen! Oder die altbackensten. Schließt Peter Gaymann und Til Mette an die Beatmungsgeräte an, they’ve got work to do!

Ulrike Simon

Erfreut hat mich die Nachricht, dass die Kollegin Ulrike Simon mit dem Bert-Donnepp-Preis für Medienpublizistik ausgezeichnet wird. Frau Ulrike ist nämlich eine ganz ausgezeichnete Medienberichterstatterin, immer beeeeeeestens informiert. Allerdings hat sie nicht so schönes Haar wie ich. Bert-Donnepp – das klingt zwar ein Bisschen wie „Det von den Mainzelmännchen“ ist aber eine ehrenvolle Auszeichnung, die vom Verein „Freunde des Adolf-Grimme-Preises“ seit 1991 verliehen wird.

Der Frauenanteil unter den Preisträgern ist ungewöhnlich hoch. Ist es Jurys, die sich aus Journalisten zusammensetzen, oft nicht möglich, Frauen für ihre Preise zu finden, scheint das kein Problem für eine Jury, die sich aus Interessierten und engagierten Bürgern zusammensetzt. Ach. Könnte es also doch sein, dass da ein gewisses Interesse mitspielt, wenn die Nannens und die Reporter dieser Welt ihre Preise zu vergeben haben? Nö? Ach so.

Apropos „Anteil“. Jetzt regen sich alle auf, dass Stefan Plöchinger, als Chef von Süddeutsche.de Teil des Verantwortungsapparates, einen Tagessatz von 152 Euro für Onlineredakteure verteidigt. Ja, pennen die alle? Wollen die mir erzählen, dass sie noch nicht mitbekommen haben, dass Online das Bangladesch der Verlage ist? Dass da Leute zu Bedingungen beschäftigt werden, die in der Holzabteilung des Verlags mit Entsetzen beschrieben werden? Jedenfalls, wenn sie in anderen Branchen stattfinden. Lesen die nicht Freischreiber.de?

Bass erstaunt zurück nach Berlin!

4 Feb 2015

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Silke Burmester

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