taz.de -- Crowdfunding für Kondome: Stimmungskiller

Das Start-up „Einhorn“ verspricht großzügigen Spendern Kondome mit dem eigenen Konterfei. Nachhaltig produziert sind sie auch noch.
Bild: Auf diesem Kondom könnte das Gesicht eines Unterstützers sein.

Nachhaltig produzierte Kondome in Chipstüten verpackt. Endlich! Die Initiatioren dieser [1][Crowdfundingkampagne] kommen straight aus der Berliner Start-up-Szene. Sie sind hip, witzig, reißerisch. Allein der Name: Einhorn.

Ihre Idee ist gut. Ihnen fiel auf: Über die Produktion von Kondomen wird kaum geredet oder berichtet – es ist uns ja schon peinlich, die Dinger bloß zu kaufen. Erst recht, über die Herstellung zu sprechen.

Für die Produktion herkömmlicher Gummis werden Regenwälder abgeholzt, Pestizide verwendet, daraus folgt Grundwasserverseuchung – alles sehr unschön. Das wollen die jungen Gründer besser machen und dabei auch noch 50 Prozent ihrer Einnahmen an gemeinnützige Projekte spenden. Richtige Gutmenschen also. Sie formulieren es so: „Einhorn Kondome sind genauso sicher wie alle bereits im Handel erhältlichen Kondome, aber sie machen mehr Spaß, sind etwas günstiger, sehen von außen hübscher aus und lassen uns uns beim Kauf auch noch gut fühlen.“

Warum genau Einhorn-Kondome mehr Spaß machen als andere, wird nicht ganz klar, denkt man während ihrer Nutzung normalerweise doch eher selten an ethische Implikationen ihrer Produktion. Egal. Denn ein lustiges und informatives Video haben sie auch noch. Es gibt keinen Grund, die Jungs nicht zu unterstützen.

Oder? Da wäre noch das Dankeschön, das der Crowdfunder erhält, der 50.000 Euro beiträgt: Sein Gesicht wird auf eine Million Kondome gedruckt. Das heißt also: Man wird intim mit der oder dem Liebsten. Musik. Gedimmtes Licht. Die Chipstüte mit Kondom wird lasziv geöffnet, das nachhaltige, glückliche Präservativ übergezogen und bäm! Der Spender lächelt einem entgegen. Mega-Abtörn. Und schon wird kein Kondom mehr gebraucht.

6 Feb 2015

LINKS

[1] http://www.startnext.com/einhorn

AUTOREN

Sarah Emminghaus

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