taz.de -- Berlinale – was bisher geschah (4): Quote in der Kulturindustrie
Bei der Deutschen Filmförderung haben Männer Priorität. Nur etwa zehn Prozent der finanzierten Projekte werden von Regisseurinnen realisiert.
Als am Montag „Pro Quote Regie“ zur Podiumsdiskussion „Innovative Wege in die Diversität“ in die Landesvertretung von Niedersachsen/Schleswig-Holstein eingeladen hatte, konnte man erfahren, dass es die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt dieser beiden Länder, also der NDR, nicht für nötig empfunden hatte, sich mit den Initiatorinnen von „Pro Quote“ zu einem Gespräch zu treffen, wie es etwa Politik und Filmförderanstalten getan haben. Genauso dreist verhielten sich die restlichen Öffentlich-Rechtlichen, mit Ausnahme des Bayerischen Rundfunks.
Der BR hat mit Bettina Reitz eine Fernsehdirektorin. Positive Auswirkung: Reitz stand auf dem Podium Rede und Antwort. Bevor die Moderatorin und preisgekrönte Regisseurin Annette Ernst mit ihr, der Medientheoretikerin Kathrin Peters von der Universität der Künste Berlin, taz-Autor und Professor an der Akademie der Bildenden Künste Wien, Diedrich Diederichsen, Manfred Schmidt von der Mitteldeutschen Medienförderung und der Unternehmensberaterin Anne-Kathrin Kuhlemann die skandalöse Berufssituation von Regisseurinnen diskutierte, gab es einen schwedischen Erfahrungsbericht.
Hjalmar Palmgreen, Direktor der Filmförderung des Swedish Film Institute, berichtete, dass man sich im hohen Norden darauf einigte, sämtliche Filmförderungen in den Bereichen Drehbuch, Produktion und Regie pari pari zwischen den Geschlechtern zu teilen. Nun wird in Schweden gezählt, und die Erfolge sind erstaunlich. Gab es zwischen 2000 und 2005 nur 19 Prozent Regisseurinnen bei geförderten Filmen, waren es 2014 stolze 47 Prozent.
Der Deutsche Filmförderungsfonds finanzierte bei 115 Projekten nur 13 mit einer Regisseurin. Das heißt, von 62,5 Millionen Euro Fördersumme gehen 56,5 Millionen an Filme mit einem Regisseur und unglaubliche 6 Millionen an solche mit einer Regisseurin. Die Zahlen sprechen für sich. Ganz offensichtlich haben Männer Priorität. Und dagegen hilft nur Parität. In der Besetzung der Gremien. Mit dieser Forderung konfrontierte Ernst Manfred Schmidt, der den Grund für die schwache Vertretung der Frauen in der Filmförderung darin sieht, dass die Geldgeber die Besetzung der Gremien bestimmten. Auch diese Aussage spricht Bände.
Es ist also, wie es Diedrich Diederichsen ausdrückte: Nur die Quote könne im kapitalistischen Wirtschaftssystem Gerechtigkeit schaffen. In der Vergabe von Arbeitsplätzen in der Kulturindustrie, die nicht die unangenehmsten unserer Gesellschaft seien. Darum gehe es zuallererst und nicht um den Verlust von Vielfalt, wenn die Frauen nicht inszenierten. Auch Anne-Katrin Kuhlemann forderte pragmatisch, der BR solle doch einfach Vorreiter sein. Wenn wirklich gewollt, ließen sich Dinge ändern.
9 Feb 2015
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