taz.de -- Festnahmen im Mordfall Nemzow: Moskaus rasche Aufklärung?

Boris Nemzow war ein Gegner von Präsident Putin. Dann ist er ermordet worden. Nun hat die russische Polizei zwei Verdächtige festgenommen.
Bild: Der Blick auf die Basilius-Kathedrale von der Brücke auf der Nemzow erschossen wurde.

MOSKAU ap | Eine Woche nach dem Mord am russischen Dissidenten Boris Nemzow sind zwei Verdächtige festgenommen worden. Dies teilte der Chef des russischen Inlandsgeheimdienstes, Alexander Bortnikow, am Samstag im staatlichen Fernsehen mit. Die Verdächtigen stammten aus dem Nordkaukasus, sagte er. Details nannte er aber zunächst nicht. Es blieb damit offen, ob einer der Verdächtigen die Schüsse auf Nemzow abgegeben haben soll.

Der profilierte Oppositionelle war in der Nacht zum 28. Februar in unmittelbarer Nähe des Kreml in Moskau von einem Unbekannten erschossen worden. Nemzow war mit einer ukrainischen Begleiterin auf einer Brücke unterwegs gewesen. Der Täter Attentäter floh mit einem Auto. Die Ukrainerin sagte in Interviews, sie könne keine Angaben zum Attentäter machen. Sie kehrte diese Woche zurück in ihre Heimat.

Die russische Opposition hatte das Attentat in Verbindung mit Nemzows kritischer Haltung gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin gebracht. Nemzow war in den 1990er Jahren einmal stellvertretender Regierungschef gewesen, hatte sich danach aber als Gegner Putins profiliert. Zuletzt hatte er auch das russische Vorgehen in der Ukraine scharf verurteilt.

Präsident Putin selbst hatte den Mord an Nemzow als Provokation bezeichnet. Ermittler gingen unter anderem dem Verdacht nach, ob mit dem Attentat politische Unruhe gestiftet werden sollte. Untersucht wurde zudem, ob "persönliche Feindschaft" ein Motiv sei. Auch eine Verbindung zum Ukraine-Konflikt oder zu islamistischem Extremismus werde abgeklopft, hieß es am vergangenen Wochenende.

Der Fall hatte weltweit für Aufsehen und Entsetzen gesorgt. Unter anderem die Bundesregierung hatte rasche Aufklärung gefordert.

7 Mar 2015

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