taz.de -- US-Militäreinsatz in Afghanistan: Unbefristet am Hindukusch

US-Präsident will zunächst 9.800 Soldaten in dem Land belassen. Schon jetzt ist der Kriegseinsatz in Afghanistan der längste der US-Geschichte.
Bild: In Kabul starben am Mittwoch bei einem Selbstmordanschlag sieben Menschen.

NEW YORK taz | „Ich bin enttäuscht“, twittert die demokratische Abgeordnete Barbara Lee nachdem Barack Obama den Einsatz der US-Truppen in Afghanistan verlängert hat: „Nach mehr als 13 Jahren Krieg ist die Zeit längst reif, um unsere Soldaten nach Hause zu holen.“

US-Präsident Obama hat am Dienstag verkündet, dass die in Afghanistan noch stationierten 9.800 US-SoldatInnen dort bleiben sollen – „bis Jahresende“. Erst dann soll eine Reduzierung für 2016 besprochen werden. Damit ist die US-Militärpräsenz erst einmal unbefristet.

Die Nato hat ihren Kampfeinsatz in Afghanistan Ende 2014 für beendet erklärt. Nach Obamas letzten Plänen sollten in diesem Jahr „nur“ 5.500 US-SoldatInnen übergangsweise dort bleiben. Afghanistans neuer Präsident Ashraf Ghani bat die USA wiederholt, ihre Truppenpräsenz zu verlängern wegen alter und neuer Gefahren. „Eine Tragödie hat uns zusammen gebracht“, sagte er am Dienstag in Washington bei der Pressekonferenz mit Obama, „aber jetzt vereint uns Interesse“.

Ghanis Amtsvorgänger Hamid Karsai hatte noch den vollständigen Abzug verlangt und den USA Einmischung vorgeworfen. Die Beziehung zwischen Karsai und Obama wurde immer komplizierter. Mit dem Technokraten Ghani, der einen Großteil seiner Karriere an US-Universitäten und bei der Weltbank verbracht hat, hofft Obama auf bessere Zusammenarbeit. Ghani verspricht eine „vitalisierte Partnerschaft“ ohne „gegenseitige Beschuldigungen“.

Selbstmordanschlag im Stadtzentrum

In den USA ist eine Verlängerung des Einsatzes nicht so einfach zu vermitteln. Der Krieg ist der längste der US-Geschichte. 2.215 US-Soldaten starben bisher. Die meisten Toten und höchsten Kriegskosten gab es unter Obama. Das 2001 formulierte US-Kriegsziel lautete, die Terrororganisation al-Qaida zu zerstören und den Drahtziehern von 9-11 das Terrain zu nehmen. Doch lange nach Sturz des Taliban-Regimes und der Tötung Osama Bin Ladens geht der Militäreinsatz am Hindukusch weiter.

In Kabul starben am Mittwoch bei einem Selbstmordanschlag sieben Menschen, 22 wurden verletzt, sagte der Leiter der Krankenhäuser in Kabul, Sajed Kabir Amiri. Der Attentäter zündete sein Sprengstoffauto im Stadtzentrum.

25 Mar 2015

AUTOREN

Dorothea Hahn

TAGS

Hamid Karsai
Nato
Aschraf Ghani
Schwerpunkt Afghanistan
Barack Obama
„Islamischer Staat“ (IS)
Taliban
Taliban
Taliban
Human Rights Watch
Gefängnis
Taliban

ARTIKEL ZUM THEMA

Regierungsbildung in Afghanistan: Endlich kann in Kabul regiert werden

Nach monatelangen Querelen sind nun fast alle Ministerposten besetzt. Das Parlamentsvotum hierzu war überraschend eindeutig.

Taliban-Anschläge in Afghanistan: Die Gewalt eskaliert

Ein zu den Taliban gehörender Selbstmordattentäter greift einen Nato-Konvoi an. Schiiten auf dem Weg zu einer Hochzeit geraten in eine Sprengfalle.

Terror in Südost-Afghanistan: Viele Tote bei Anschlag auf Demo

Ein Selbstmordattentäter sprengt sich in der Stadt Chost inmitten eines Anti-Korruptionsprotests mehrerer Hundert Demonstranten in die Luft.

Bundeswehreinsatz in Afghanistan: Kämpfen sollen die anderen

650 deutsche Soldaten sind noch in Masar-i-Scharif stationiert. Ende 2015 ist Schluss. Zu früh oder höchste Zeit für den Ausstieg?

Menschenrechte in Afghanistan: Das Erbe der Straflosigkeit

Ein neuer Bericht von Human Rights Watch dokumentiert Menschenrechtsverletzungen. Die neue Generation von Akteuren steht unter westlichem Schutz.

UN-Bericht über Afghanistan: Folter ganz alltäglich

Ein UN-Bericht legt Folter in afghanischen Gefängnissen offen. Ein gewisser Fortschritt bei der Behandlung von Verhafteten sei dennoch erkennbar.

Islamisten in Afghanistan: Splittergruppen zieht es zum IS

Der IS hat die Provinz Chorasan ausgerufen. Ihr „Gouverneur“ ist Pakistaner. Noch aber sind die Taliban stärker.