taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Sepp grätscht dazwischen
Regeln gelten auch für Barça, Atlético und Real. Von der Transfersperre bis zum Verbot des „Third-Party-Ownership“ – auf die spanischen Klubs kommt einiges zu.
Eigentlich hat sich ja alles ganz sauber eingependelt im Klubfußball. Die englische Premier League hat das meiste Geld, die Bundesliga die meisten Zuschauer – und die spanische Primera División die meisten Titel. 12 von 30 Europapokalen gewannen spanische Klubs im laufenden Jahrtausend, 9 von 20 in der letzten Dekade.
Fast die Hälfte also, begleitet von Bewunderung auf dem Kontinent und einem erhobenen Zeigefinger an der Säbener Straße. „Wir zahlen Hunderte Millionen Euro, um Spanien aus der Scheiße zu holen, und dann drücken sich die Vereine vor der Steuer“, soll Uli Hoeneß mal gewettert haben.
Wenn erst mal das Finanzamt kommt, das Financial Fairplay und die volle Wucht der Wirtschaftskrise, dann schlägt das doch auch auf den spanischen Fußball durch. Oder? Alle Prophezeiungen sind eingetreten, bis auf die eine, dass Spanien dann nicht mehr gewinnt. Wieder stellt es drei Europacup-Halbfinalisten – die Titelverteidiger Real Madrid (Champions League) und Sevilla (Europa League) sowie Bayern-Gegner FC Barcelona.
Ungemach droht dem Imperium nun allerdings von einer Seite, die Moralisten dafür am wenigsten im Verdacht hätten – Joseph Blatters Fifa. Der Weltverband ist drauf und dran, die dritte Halbserie des spanischen Fußballs abzuschaffen, das sommerliche Transfertheater, bei dem erst jeder internationale Spitzenspieler über die Titelseiten der Sportpresse gejagt wird, ehe das Spektakel in ihrer Präsentation vor Zehntausenden Fans kulminiert.
Transferfreier Sommer
In Barcelona muss man diesen Sommer darauf schon verzichten. Wegen der verbotenen Verpflichtung Minderjähriger gilt ein von der Fifa verhängtes Transferembargo. Ähnliches soll nach Medienberichten nun auch Real Madrid und Atlético Madrid ins Haus stehen, eventuell dazu Valencia, womit alle Hauptimporteure erst mal aus dem Verkehr gezogen wären.
Wirklich dauerhaft benachteiligen könnte die Liga aber eine andere Regelung aus dem Kampf gegen den Menschenhandel im Fußball. Seit gestern gilt für alle Transfers ein Verbot des sogenannten „Third-Party-Ownership“ (TPO): Private Investmentfonds sollen künftig keine Anteile an Profis mehr halten dürfen.
Die spanische Liga zieht dagegen gemeinsam mit der portugiesischen Liga vor die EU-Gerichtsbarkeit, denn auf der Iberischen Halbinsel ist diese Praxis verbreitet. Nicht bei Real Madrid oder Barcelona, wohl aber bei den Klubs ab der Kategorie Valencia und Sevilla. „TPO“ ermöglichte ihnen, Spieler zu verpflichten, die sie sich sonst nicht leisten konnten. Nach Schätzungen der spanischen Liga spielen derzeit an die 50 Profis im Land, deren Transferrechte nicht vollständig ihren Vereinen gehören.
Doch da von irgendwo her immer ein Lichtlein kommt, fiel am Donnerstag noch eine andere wegweisende Entscheidung. Nach 20 (!) Jahren Debatte wurde ein Gesetz verabschiedet, das den Weg zur Zentralvermarktung der TV-Rechte im spanischen Fußball ermöglicht. Die bisher monströsen Unterschiede zwischen Real und Barça einerseits sowie den übrigen Klubs andererseits sollen nach dem neuen Modell auf ein Verhältnis von maximal 3:1 reduziert werden.
Durch die neue Verkaufsform hofft die Liga die Gesamteinkünfte aus In- und Auslandsrechten von rund 800 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden zu steigern. Mit den Mehreinnahmen, Uli Hoeneß wird's freuen, sollen die Klubs ihre Steuerschulden schneller bezahlen.
3 May 2015
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