taz.de -- Gendergerechte Sprache: Oxford Dictionary berät über „Mx“

Hierzulande wurde sich über den Vorschlag, das „x“ in den Sprachgebrauch einzuführen, aufgeregt. In England ist die Debatte weiter.
Bild: Yey!

BERLIN taz | Regelmäßig berät die Redaktion des Oxford English Dictionary (OED), welche neuen Wörter ins Repertoire aufgenommen werden sollten. Zur Auswahl stehen Begriffe, die enorm an Popularität gewonnen haben; in den letzten Jahren waren das Ausdrücke wie „yolo“ und „twittern“. Diesmal geht es um nur zwei Buchstaben: Mx.

Die genderneutrale Anrede soll neben den bereits existierenden Anredeformen ins OED übernommen werden – und Transgender, also Menschen, die sich keiner sozialen Geschlechterrolle zuordnen lassen wollen, repräsentieren. In der englischen Stadt Brighton and Hove dürfen sich Menschen bereits seit 2013 in Formularen als Mx betiteln, nachdem bei einer örtlichen Umfrage mehrheitlich dafür gestimmt wurde.

In England steht die Debatte über Mx für wachsende Toleranz in der Bevölkerung und zeigt, dass auch das persönliche Interesse der Menschen an gendergerechter Sprache zunimmt.

Im Vergleich dazu vollzieht sich die Infragestellung von Zweigeschlechtlichkeit in Deutschland noch schleppend. Lann Hornscheidt ist Professx für Gender Studies und Sprachanalyse an der Humboldt Universität zu Berlin und schlug 2014 vor, [1][eine geschlechtsunabhängige x-Endung einzuführen]. Die Idee stieß zum Teil auf heftige Kritik. Sprachveränderungen seien immer schon zentral dafür gewesen, soziale Veränderungen anzukurbeln, so Hornscheidt.

Die an diesem Punkt häufig gestellte Frage, ob Mx als Anrede ästhetisch ist oder nicht, wird damit irrelevant: Uns fehlt ein Pendant zum Mx im deutschen Sprachgebrauch, weil es vielleicht Veränderungen bewirken kann.

4 May 2015

LINKS

[1] /!138526/

AUTOREN

Zink

TAGS

Gendergerechte Sprache
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Wortkunde
Sprache
Intersexualität
Indien
Transgender
Transgender
Streitfrage
Luft und Liebe
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten

ARTIKEL ZUM THEMA

Gendergerechte Sprache international: Der * Die * Das * Wer * Wie * Was?

Deutsche Leser*innen und Schreiber_innen haben zahlreiche Möglichkeiten, Sprache gendergerecht zu benutzen. Wie sieht das in anderen Ländern aus?

Genderneutrale Sprache in Frankreich: „Français·e·s“

Die französische Grammatik zeugt von Männerdominanz. Doch Premier Edouard Philippe ist gegen geschlechtergerechte Formulierungen.

Neues Mode-Wort aus Dänemark: „What's hyggin?“

Die angelsächsische Sphäre hat einen neuen Neologismus – „hygge“, das dänische Wort für „gemütlich“. Es fördert Konsum wie Eskapismus.

Gendersprache in Baden-Württemberg: Twitter-Streit ums *

Gender in der Sprache ist mittlerweile weit verbreitet. In Baden-Württemberg aber nicht. Da sorgt ein Sternchen für echten Zoff.

Die Grünen und der Gender-Star: Mehr als nur Mann und Frau

Die Grünen wollen künftig den Gender-Star nutzen, um niemanden sprachlich auszuschließen. Daran gibt es hämische Kritik – die nach hinten losgeht.

Transgender in Indien: Die klügste Frau der Stadt

In der Kindheit als Eunuch beschimpft, hofft Prerna auf göttliche Intervention. Später ließ sie sich zur Frau umwandeln. Jetzt geht es ihr gut.

Trans*-Experte über Sprache: „Denken im Genitalraster“

Medien berichten oft falsch oder pathologisierend über Trans*, aktuell bei Caitlyn Jenner. Leo Yannick Wild erklärt, wie man es besser macht.

Transgender in Amerika: „Nennt mich Caitlyn“

Ein neuer Name, Vanity-Fair-Cover, ein Twitteraccount, der durch die Decke geht: Caitlyn Jenner, ehemals Bruce, hat sich neu erfunden.

Die Streitfrage: Ist Professx ein Fortschritt?

Eine Arbeitsgruppe entwickelt einen Vorschlag für gendergerechtere Sprache: „Professx“ und „Studentx“ – und im Internet regt sich Hass.

Kolumne Luft und Liebe: So crazy wie goldene Leggins

Der Kampf um Worte ist wild und die Sehnsucht nach Einfachheit groß. Schon ein neues „x“ kann Menschen wahnsinnig machen.

Geschlechtergerechte Sprache: „Es gibt mehr als Frauen und Männer“

Anna Damm und Lann Hornscheidt über die Häme der Medien über die sprachliche x-Form und warum Veränderungen immer mit Widerstand verbunden sind.