taz.de -- 70 Jahre Kriegsende in Russland: Merkel und Putin legen Kränze nieder

Gemeinsam haben die Bundeskanzlerin und der russische Präsident der sowjetischen Opfer gedacht. Die offizielle Feier zum Sieg der Sowjetunion hatte Merkel boykottiert.
Bild: Bedingt gesprächsbereit: Merkel bei Putin in Moskau. Die Kanzlerin hofft bei der Lösung des Ukraine-Konflikts auf diplomatische Mittel.

MOSKAU afp | Einen Tag nach der [1][offiziellen Feier] zum Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Russlands Präsident Wladimir Putin am Grab des Unbekannten Soldaten in Moskau Kränze niedergelegt. Merkel reiste am Sonntag nach Russland, um 70 Jahre nach Kriegsende der sowjetischen Opfer zu gedenken. Der Siegesparade am 9. Mai war sie aus Protest gegen Russlands Ukraine-Politik wie fast alle ihre westlichen Kollegen ferngeblieben.

Nach der Zeremonie sicherte sie Putin ihre Gesprächsbereitschaft zu: „Wir haben aus den bitteren Erfahrungen der Geschichte gelernt, dass wir daran arbeiten müssen, auch in schwierigen Situationen – und eine solche schwierige Situation haben wir im Augenblick – diese mit friedlichen Mitteln und mit diplomatischen Mitteln zu überwinden“, sagte sie nach der Kranzniederlegung an den Kreml-Mauern und vor einem gemeinsamen Arbeitsessen. Dabei soll auch die Ukraine-Krise zur Sprache kommen. Im Anschluss daran wollen sich beide Politiker Fragen von Journalisten stellen.

Zuletzt war die Kanzlerin im Februar in Moskau, damals hatte sie gemeinsam mit Frankreichs Präsident François Hollande mit Putin über eine Waffenruhe im umkämpften Osten der Ukraine gesprochen. Seit dem Minsker Waffenstillstandsabkommen ist die Gewalt dort zwar weniger geworden, aber noch nicht beendet. Fast täglich werden neue Gefechte und Tote gemeldet.

Der russische Präsident hatte sich am Samstagabend unbeeindruckt von dem westlichen Boykott der 9.-Mai-Feiern gezeigt. „Alle, die wir sehen wollten, waren hier“, sagte er im Fernsehen. Zugleich signalisierte er seinen Willen zur Entspannung: Die internationalen Beziehungen sollten „vom Geist der alliierten Partnerschaft“ aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gelenkt werden, sagte er bei einem Empfang. Allerdings kritisierte er mit Blick auf die USA auch Versuche, eine „unipolare“ Weltordnung herzustellen. Stattdessen bedürfe es eines „Systems gleicher Sicherheit für alle Staaten“.

„Zeichen der Stärke Russlands“

Auch ohne die Gäste aus dem Westen waren die Feiern am Samstag die größten, die in Moskau je zum Gedenken an das Kriegsende abgehalten worden sind. Unter den Staatsgästen waren UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, Chinas Staatschef Xi Jinping, Indiens Präsident Pranab Mukherjee sowie dessen kubanischer Kollege Raúl Castro. Auch die Staatschefs Ägyptens, Südafrikas und Venezuelas sowie ein hoher Vertreter Nordkoreas nahmen teil.

Nach der Parade übernahm Putin überraschend persönlich die Spitze eines Marschs im Gedenken an die Kriegsopfer. Mit einem Porträt seines Vaters Wladimir, der im Zweiten Weltkrieg gegen die deutschen Truppen gekämpft hatte, stellte sich Putin an die Spitze der rund 250.000 Menschen, die durch Moskau marschierten. Der 62-Jährige sagte, der Marsch sei eine Würdigung der Millionen russischen Kriegstoten, aber auch ein Zeichen der Stärke Russlands.

Während Westeuropa am 8. Mai der Befreiung von den Nazis gedenkt, gilt in Russland der 9. Mai 1945 als „Tag des Sieges“, da an diesem Tag die Kapitulation der Wehrmacht im sowjetischen Hauptquartier ein zweites Mal besiegelt worden war.

10 May 2015

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