taz.de -- Masern-Impfung in Deutschland: Selig sind die Selbstgerechten

Impfgegner fordern eine sachliche Debatte über die Gefahren. Von sachlichen Argumenten sind sie selbst aber weit entfernt.
Bild: Kleiner Pieks, großer Streit

Mein Kind ist sehr klein. Gegen Masern geimpft werden darf es noch nicht. Das wäre kein Problem, wenn sich alle, die groß genug sind, impfen ließen. Doch viele Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder geimpft werden. Deswegen grassiert die Krankheit nun in Berlin. Tja, Pech für all die, die sich nicht schützen können.

Die Argumente der Impfablehner sind dabei immer wieder die gleichen. Erstens: Wenn ich mein Kind oder mich nicht impfen lasse, ist das mein Risiko. Die anderen können sich pieksen lassen und erkranken dann auch nicht.

Das ist natürlich Blödsinn. Es gibt genug Menschen, die sich aufgrund von Immunkrankheiten nicht impfen lassen können (obwohl sie es womöglich gern machen würden). Aber was interessiert den überzeugten Antiimpfer das Leid des anderen? Ach, wie selig sind die Selbstgerechten.

Zweitens: Es sterben viel mehr Kinder durch [hier bitte Keim, Krankheit oder Krieg Ihrer Wahl einfügen]. Ja, stimmt. Aber es gibt leider keinen Impfstoff gegen Krieg. Drittens: Die gleichen Leute fordern in der Impfdebatte mehr Zahlen, Fakten, weniger Emotionalität – und leiten diese Forderungen mit Hasstiraden gegen die Kolleginnen und Kollegen ein, die über das Thema schreiben. Guter Start für eine sachliche Debatte.

Viertens: Ach so, kommt man dann tatsächlich mit Studien oder Zahlen um die Ecke, von denen kaum eine für eine grundsätzliche Impfverweigerung spricht, sind diese natürlich von der Pharmaindustrie oder der Ärztelobby oder den Impfnadelproduzenten erst bestellt und dann auch noch frisiert worden. Ist klar.

Ja, es gibt Menschen, die durchs Impfen geschädigt wurden, die schwere Behinderungen davontrugen. Bei der Masernimpfung sollen es zwischen 1990 und 1999 sieben Fälle auf 16 Millionen Impfdosen gewesen sein. Sich jetzt zu Anwälten dieser Opfer aufzuspielen und mit Verweis auf sie eine Gefährdung von Hunderttausenden zu begründen, ist erbärmlich.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde finanziert von den forschenden Pharmaunternehmen.

27 Feb 2015

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Jürn Kruse

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