taz.de -- Neue Fassung von „Der Pate III“: Keine Vergebung, nirgends

Francis Ford Coppola hat den dritten Teil seiner Mafia-Saga umgearbeitet. „Der Pate, Epilog: Der Tod von Michael Corleone“ fließt nun besser.
Bild: Operngenuss bei Lebensgefahr: Kay Adams-Corleone (Diane Keaton) und Michael Corleone (Al Pacino)

Eine späte Fortsetzung ist immer so eine Sache, die späte Fortsetzung eines Klassikers noch viel mehr. Kein Wunder also, dass es Francis Ford Coppola schwer hatte, als er 1990 „Der Pate III“ drehte, 16 Jahre nach dem zweiten Teil eines Doppels, das ohne Frage zu den besten Filmen aller Zeiten zählt. Die Kritik war groß, weder Fans der Mafia-Saga waren angetan noch die Kritiker, und auch Coppola selbst sah sein Werk zwiespältig.

Doch 30 Jahre später hat sich die Medienlandschaft verändert, Heimvideo-Veröffentlichungen erlauben es, relativ unkompliziert in alte Werke einzugreifen, sie umzuschneiden, zu ändern. Auch zu verbessern? Das hat Coppola mit dem nun veröffentlichten dritten Teil der „Pate“-Saga versucht, der den ebenso langen wie umständlichen Titel trägt: „Mario Puzos Der Pate, Epilog: Der Tod von Michael Corleone“. Etwas irreführend könnte man diesen Titel angesichts des Filmendes finden, doch dazu später mehr.

Es ist nicht das erste Mal, dass Coppola ältere Werke umschneidet. Die ersten beiden „Pate“-Filme formte er zu einer Fernsehserie, von [1][„Apocalypse Now“] existieren inzwischen schon drei offizielle Versionen, auch der 1984 entstandene „The Cotton Club“ erlebte letztes Jahr seine Wiederauferstehung als Director’s Cut.

Dieser und andere teure Flops führten dazu, dass Coppola Ende der 80er Jahre fast pleite war und sich deshalb dazu überreden ließ, noch eine Fortsetzung seiner Erfolgsfilme zu drehen. Eine Ironie der Geschichte: War es 1974 noch etwas Unerhörtes, eine Fortsetzung eines erfolgreichen, mit Oscars ausgezeichneten Films zu drehen, waren Fortsetzungen inzwischen zunehmend beliebtes Mittel Hollywoods, das Risiko von immer teurer werdenden Filmproduktionen zu minimieren.

Der ursprüngliche Plan sah vor, im dritten Teil der „Pate“-Saga die Geschichte von Tom Hagen zu erzählen, dem treuen Berater der Familie. Doch dessen Darsteller Robert Duvall verlangte eine zu hohe Gage, und so mussten Coppola und sein Autor Mario Puzo umdenken.

Sie erinnerten sich an die Skandale, die Ende der 70er Jahre den Vatikan erfassten: 1978 ging als Dreipäpstejahr in die Geschichte ein, besonders das nur 33 Tage dauernde Pontifikat von Johannes Paul I. sorgte für Verschwörungstheorien. Wurde der Papst womöglich ermordet, weil er den Sumpf der [2][Korruption um die Vatikanbank], um Roberto Calvi, der als „Bankier Gottes“ bezeichnet wurde, aufdecken wollte?

Das behauptete unter anderem der Investigativjournalist David Yallop, dessen Buch „Im Namen Gottes?“ fast als Blaupause für „Der Pate III“ diente. Denn welche Familie mag noch enger, aber auch korrupter sein als eine Mafia-Familie wie die von Michael Corleone? Natürlich die Kirche, deren Regeln und Bräuche mindestens so streng sind wie die der Mafia.

Den Zusammenschluss mit der Kirche zu wagen, durch finanzielle Verbindungen zum Vatikan endlich zur Legitimität zu kommen, mag etwas absurd erscheinen, doch genau das ist der Plan von Michael Corleone, gespielt von Al Pacino, dessen dichtes schwarzes Haar zu einem fast militärisch wirkenden, grau melierten Bürstenschnitt verändert wurde.

Begann die alte Fassung noch in der Kirche, beginnt die neue gleichermaßen unspektakulärer und prägnanter: Im Büro der Vatikanbank, wo Michael Corleone den Deal einfädelt, der seine Familie aus den Niederungen der Kriminalität befreien soll.

Mit brutaler Gewalt zum neuen Paten

Unweigerlich wird diese Entscheidung als Schwäche aufgefasst, einige Mordanschläge später kommt so Vincent Corleone ins Spiel, der uneheliche Sohn von Michaels Bruder Sonny. Andy Garcia spielt diesen Vincent, der bald mit brutaler Gewalt zum neuen Paten wird und Michael unweigerlich klarmacht, dass er sich auch im Schoß der Kirche vergeblich um Vergebung bemüht.

Überdeutlich wird das im Schlussbild der Neufassung, neben dem veränderten Beginn der stärkste Eingriff. Zwar kürzte Coppola den Film um gut fünf Minuten, machte über 350 Änderungen an Bild und Ton, doch die meisten sind kaum zu spüren, sorgen vor allem für eine straffere Erzählung, einen fließenderen Rhythmus. Am größten Kritikpunkt ließ sich ohnehin nichts ändern: Der Präsenz von [3][Coppolas Tochter Sofia], die kurzfristig einsprang für eine Rolle, die sie überforderte.

Als Tochter von Michael Corleone verliebt sie sich in Vincent und wird am Ende, ausgerechnet auf den Stufen einer Oper, erschossen. Mit Kugeln, die für ihren Vater gedacht waren, der in diesem Moment einmal mehr erkennen muss, dass er seinem Schicksal nicht entkommen kann. Kurz danach endet der Film anders als die Originalfassung nicht mit dem Tod seiner Hauptfigur, zumindest nicht mit einem physischen Tod.

Ein lebender Toter war Michael Corleone zwar schon am Ende des zweiten Teils, als er nach der von ihm angeordneten Ermordung seines Bruders einsam auf einer Bank saß. Als Epilog funktioniert auch diese neue Fassung also nur bedingt, so gut wie die ersten beiden ist er – natürlich – immer noch nicht. Als Abschluss einer großen Trilogie war und ist „Der Pate III“ jedoch unbedingt sehenswert.

9 Dec 2020

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AUTOREN

Michael Meyns

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