taz.de -- Kampf um Reformen in Argentinien: Schlappe für Präsident Milei
Der Kongress überstimmt Mileis Veto gegen mehr Zuwendungen für Behindertenhilfseinrichtungen; sein Veto gegen höhere Mindestrenten bleibt aber bestehen.
Buenos Aires taz | Erstmals haben Argentiniens Abgeordnete ein Veto des libertären Präsidenten Javier Milei überstimmt. Am Mittwoch hob das Parlament Mileis Veto gegen ein Notstandsgesetz für Menschen mit Behinderungen mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit auf. Mileis Veto gegen ein Gesetz zur Erhöhung der Renten hat jedoch Bestand.
Beide Gesetzesvorhaben waren im Juni mit großer Mehrheit vom Kongress verabschiedet worden. Anfang August legte der Präsident sein Veto gegen sie ein. Mileis Partei La Libertad Avanza verfügt nur über eine geringe Zahl von Sitzen in beiden Kammern des Kongresses. Doch war es ihm bisher stets gelungen bei wichtigen Abstimmungen die [1][notwendigen Stimmen aus den Reihen der rechten und gemäßigten Opposition] zu bekommen. Das gelang ihm diesmal nur bei der Abstimmung über sein Veto gegen die Rentenerhöhung.
Noch während der Sitzung verhandelte seine Regierung mit Abgeordneten und sicherte sich schließlich beim Renten-Veto das erforderliche Stimmendrittel der anwesenden Abgeordneten. Dennoch hat das Notstandsgesetz zur Behinderung jetzt die höhere der beiden parlamentarischen Hürden genommen. Mit dem Gesetz werden die staatlichen Zuwendungen für Behindertenhilfeeinrichtungen sowie die beitragsunabhängige Mindestrente für Behinderte leicht angehoben.
Im Senat dürfte es Präsident Milei leichter haben
Nun muss auch der Senat das Veto des Präsidenten mit einer Zweidrittelmehrheit überstimmen. Seine Zustimmung gilt jedoch als wesentlich wahrscheinlicher als zuvor die der Abgeordneten. Mileis Fixpunkt ist die schwarze Null im Haushalt. Der Präsident lehnt alles rigoros ab, was seiner Meinung nach das Haushaltsgleichgewicht stören könnte.
Durch die vom Kongress beschlossene Rentenerhöhung wäre die staatliche Mindestrente um knapp 40 Euro auf rund 280 Euro pro Monat gestiegen. Berechnungen zufolge hätte dies eine äußerst geringe Belastung für den Staatshaushalt bedeutet.
„Erst kürzlich hat der Präsident dem Agrarsektor eine Senkung der Exportsteuern auf landwirtschaftliche Erzeugnisse gewährt, statt die Leistungen für Behinderte und die Renten zu verbessern“, sagte Mercedes de Mendieta, Abgeordnete des linken Bündnisses FIT, in der Debatte. [2][Mileis Formel ‚No hay plata – Es ist kein Geld da‘] stimme nicht.
Erfolgreicher Protest von Familien mit behinderten Kindern
Bevor die Plenarsitzung gegen 12 Uhr Mittag begann, hatten sich mehrere tausend Menschen vor dem Kongressgebäude versammelt, darunter viele Familien mit behinderten Kindern. Ein von weitem sichtbarer übergroßer Rollstuhl symbolisierte den Protest. Auf vielen Pappschildern stand ‚No a los Vetos – Nein zu den Vetos‘.
„Wenn die bestehenden Gesetze, die seit Jahrzehnten in Kraft sind, tatsächlich umgesetzt würden, bräuchten wir das Notstandsgesetz nicht“, sagte María Eugenia di Tullio von der Behindertenorganisation „Hacer Lazos“. Zahlreiche Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen stünden vor der Schließung, warnte sie. Als das Ergebnis der Abstimmung bekannt wurde, gab es Jubel und Erleichterung. „Wir sind einen Schritt vorangekommen“, atmeten viele auf.
21 Aug 2025
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