taz.de -- Gekürzte Wahlliste in Sachsen: AfD kann erst im Nachhinein klagen

Der sächsische Wahlausschuss hat nur 18 Plätze der AfD-Liste zur Landtagswahl zugelassen. Dagegen vorgehen kann die Partei erst nach der Wahl.
Bild: Hat in Sachsen gerade keinen Grund, Fahnen zu schwingen: AfD

Freiburg taz | Die AfD kann nicht gegen die Kürzung ihrer Landesliste für die sächsische Landtagswahl klagen – jedenfalls nicht vor der Wahl, die am 1. September stattfinden soll. Dieses Verfahren ist gesetzlich so vorgesehen.

Am Freitag hatte [1][der sächsische Landeswahlausschuss nur die ersten 18 Plätze der AfD-Liste zur Landtagswahl zugelassen]. Aufgrund von Verfahrensfehlern wurden die Plätze 19 bis 61, die bei einem zweiten Parteitag aufgestellt wurden, vom Wahlausschuss gestrichen. Die Entscheidung des Ausschusses kann große Auswirkungen auf die sächsische Landtagswahl haben. Da der AfD nach Umfragen 30 von 120 Mandaten im Dresdener Landtag zugetraut werden, könnten bis zu 12 Mandate verfallen. Die AfD wird deshalb versuchen, für Kandidaten, die keinen der ersten 18 Listenplätze innehaben, Direktmandate zu holen.

Die Partei hatte am Freitag zwar sofort angekündigt, gegen die Entscheidung des Landeswahlausschusses zu klagen. Eine solche Klage ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings gar nicht möglich. Gegen Maßnahmen der Wahlorgane kann erst nach der Wahl Beschwerde eingelegt werden. Dies ist überall in Deutschland gesetzlich so geregelt und gilt auch bei Bundestagswahlen. So soll eine ordnungsgemäße und reibungslose Durchführung von Wahlen sichergestellt werden.

In Sachsen könnte also erst nach der Wahl eine Wahlprüfungsbeschwerde eingelegt werden. Falls diese abgelehnt wird, kann das sächsische Landesverfassungsgericht angerufen werden. Das Verfahren ist nicht sonderlich effizient. Solche Beschwerden werden vom jeweiligen Parlament meist nur sehr schleppend behandelt, denn meist haben dort die gleichen Parteien eine Mehrheit wie schon im Wahlausschuss, dessen Maßnahme überprüft werden soll.

Historische Beispiele

Immerhin hat das Hamburger Verfassungsgericht 1993, zwei Jahre nach der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft, eine Wiederholung der Wahl angeordnet, weil es bei der Aufstellung der CDU-Liste ungerecht zugegangen war.

Nur in sehr wenigen Fällen war es bisher möglich, bereits im Vorfeld einer Wahl ein gerichtliches Einschreiten zu erreichen. Der bekannteste Fall war die erste Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung 1990. Damals ordnete das Bundesverfassungsgericht getrennte Wahlgebiete für Ost- und Westdeutschland an. Es genügte damit, dass eine Partei die Fünfprozenthürde in einem Wahlgebiet übersprang. Kuriose Folge: Die Grünen scheiterten im Westen, aber das ostdeutsche Bündnis 90 konnte mit einer Handvoll Abgeordneten die grüne Sache weiter im Bundestag vertreten.

Auch kurz vor der jüngsten Europawahl intervenierte das Bundesverfassungsgericht auf Initiative von Oppositionsabgeordneten und erlaubte vollbetreuten Beeinträchtigten auf Antrag die Teilnahme. In beiden Fällen ging es aber jeweils um eine Korrektur von gesetzlichen Regelungen und nicht um eine Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen, wie es jetzt in Sachsen erforderlich wäre.

8 Jul 2019

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Christian Rath

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