taz.de -- EU-Pläne zu Elektronikgeräten: Ein Anschluss für alle
Smartphones, Tablets und weitere Geräte sollen künftig eine einheitliche Ladebuchse haben. Das plant die EU-Kommission – trotz Widerstands.
Berlin taz | Die EU-Kommission will nach jahrelangem Ringen ein einheitliches Ladekabel für kleine Elektronikgeräte vorschreiben. Binnenmarktkommissar Thierry Breton stellte am Donnerstag einen [1][Entwurf] für eine entsprechende Richtlinie vor. Der Entwurf sieht außerdem vor, dass Hersteller die Geräte auch ohne Ladekabel verkaufen müssen – Kund:innen können dann einfach ihr bereits vorhandenes Ladekabel verwenden.
„Wir wollen damit die Kosten für Verbraucher reduzieren, genauso wie den Müllberg“, sagte Breton bei der Vorstellung der Pläne. Die Regeln sollen Smartphones, Tablets, Digitalkameras, tragbare Spielkonsolen und Lautsprecher sowie Kopfhörer und Headsets betreffen.
Als einheitlicher Anschluss soll künftig eine Buchse vom Typ USB-C verwendet werden. Den nutzen heute bereits zahlreiche Hersteller. In älteren Geräten sind teilweise noch Micro-USB-Anschlüsse verbaut. Herstellern soll, wenn die Richtlinie von EU-Parlament und Ministerrat angenommen wird, eine zweijährige Übergangszeit für die Umstellung eingeräumt werden.
Einen Umbruch wird die Regelung für Apple bedeuten: Der Konzern setzt bei Smartphones weiterhin auf seinen eigenen Lightning-Anschluss. Der Hersteller hält bei Smartphones in Europa etwa ein Drittel des Marktanteils. Apple zeigte sich in einer Stellungnahme „besorgt“, dass die EU-Pläne „Innovation eher behindern als fördern“ würden.
Lob für die Pläne der EU-Kommission kommt von Umweltverbänden. „Das ist ein wichtiger Schritt für den Umweltschutz“, sagt Philipp Sommer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Aber auch: „Die Regelung hätte deutlich früher kommen können.“
Bereits vor über zehn Jahren setzte es sich die EU-Kommission zum Ziel, für einen einheitlichen Branchenstandard zu sorgen. Damals waren rund 30 Anschlusstypen auf dem Markt – und die Wahrscheinlichkeit, beim Handywechsel wieder den gleichen zu erwischen, daher entsprechend gering. Standard war stattdessen, dass es beim Kauf eines neuen Telefons direkt das passende Kabel dazu gab. Der daraus resultierende Berg an alten funktionstüchtigen, aber nicht mehr einsetzbaren Ladegeräten war es, der die EU-Kommission zu der Idee eines einheitlichen Standards veranlasste.
Widerstand von Apple
Doch die Hersteller, allen voran Apple, wehrten sich massiv, sodass es letztlich keine Vorschrift, sondern nur eine [2][freiwillige Selbstverpflichtung] gab. Apple blieb bei seiner eigenen Lösung und wählte die – erlaubte, aber mehr Müll produzierende – Variante eines Kabels plus Adapter. Begründung dafür war zunächst, dass Apples eigene Anschlüsse etwa flachere Geräte ermöglichten. Dennoch dürften wohl auch Einnahmen aus Lizenz-Programmen einen Rolle spielen. Denn Dritthersteller von Lightning-Zubehör müssen ihre Produkte lizenzieren lassen.
Der Rest der Branche reduzierte zumindest auf zwei Anschlussvarianten. „Wir haben ein bisschen zu sehr auf die Selbstregulierung vertraut“, räumte EU-Kommissar Breton ein. Die aktuellen Pläne seien nun „der letzte Schubs“. Die EU-Kommission rechnet damit, dass mit einem einheitlichen Anschluss die jährlichen Elektronikabfälle um 980 Tonnen und die jährlichen Emissionen um 180.000 Tonnen CO2-Äquivalente verringert werden können.
Der Schritt der EU könnte allerdings in einigen Jahren wieder überholt sein: [3][Die Industrie sieht die Zukunft im Laden ohne Steckverbindung per Induktion]. Zwar gibt es mit dem Qi-Standard einen, dem sich mittlerweile über 430 Unternehmen, darunter Hersteller wie Samsung, Sony oder Apple, angeschlossen haben. Dennoch existieren weitere Standards, und es ist nicht ausgeschlossen, dass es auch hier zu Insellösungen kommen wird. Sommer hält daher perspektivisch auch einen einheitlichen Standard bei Ladeschalen für sinnvoll – wenn klar sei, welche der neuen Ladetechnologien auch ökologisch am besten abschneide.
23 Sep 2021
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