taz.de -- Gespräche zu Irans Atomprogramm: Keiner will nachgeben
Am Ende der Gespräche in Bagdad über das iranische Atomprogramm steht nur ein Folgetermin. Die US-Regierung will Teheran keine Zusagen machen.
GENF taz | Wie gelingt der Einstieg in die Deeskalation eines Konflikts? Welche Seite macht den ersten vertrauensbildenden Schritt? Wie substanziell muss die Antwort der anderen Seite sein, damit der Deeskalationsprozess weitergehen kann bis hin zu einer völligen Überwindung des Konflikts?
Um diese Fragen kreisten die zweitägigen Bagdader Gespräche zwischen Iran und der sogenannten P5+1-Staatengruppe der fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland. Am Ende wurde am Donnerstagabend lediglich ein weiteres Treffen am 18./19. Juni in Moskau vereinbart.
Laut Bundesaußenminister Guido Westerwelle waren die Verhandlungen in Bagdad „sehr mühsam“, doch sei „der Einstieg in substanzielle Gespräche gelungen“. Aber beide Seiten beharrten in Bagdad darauf, dass die jeweils andere den ersten Schritt tut. Die P5+1 forderte vom Iran, die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent einzustellen und nur noch auf die zur Herstellung von Brennstäben für Atomkraftwerke erforderlichen 5 Prozent anzureichern. Dazu hat die Führung in Teheran bereits ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt.
Sie erwartet aber, dass die P5+1 zuvor das Recht Irans auf uneingeschränkte Nutzung der atomaren Technologie zu friedlichen Zwecken einschließlich der Urananreicherung gemäß den Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrags ausdrücklich anerkennt.
USA weigern sich Zusagen zu machen
Als Gegenleistung für einen Verzicht auf die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent erwartet Teheran außerdem die Zusage, dass dann die von den USA verhängten Sanktionen gegen den Ölsektor und die Zentralbank in Teheran zumindest ausgesetzt werden und dass entsprechende Sanktionen der Europäischen Union nicht wie bislang von Brüssel angedroht zum 1. Juli in Kraft gesetzt werden.
Die russische und die chinesische Regierung sowie auch die kürzliche neu gewählte Regierung in Paris plädieren für entsprechende Zusagen an Teheran . Doch die Obama-Regierung in Washington ist entschieden dagegen. „Wir halten an dem zweigleisigen Modell von Verhandlungen und Strafmaßnahmen fest“, erklärte US-Außenministerin Hillary Clinton am Donnerstag in Washington. „Alle unsere Sanktionen bleiben in Kraft und werden weiter vorangetrieben.“ Diese Haltung wird auch von der Bundesregierung unterstützt.
Angesichts dieser Blockaden werden auch die Inspekteure der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien zunächst keinen verbesserten Zugang zu den iranischen Atomanlagen erhalten. Noch am Dienstag hatte IAEO-Generaldirektor Yukiya Amano eine entsprechende Vereinbarung mit Teheran bekannt gegeben, die „nach Klärung einiger weniger Details in Kürze unterzeichnet“ werde.
Ähnlich optimistisch hatte sich Irans Chefunterhändler Said Dschalili geäußert. Doch nach den Bagdader Treffen heißt es nun in Teheran, vor einer Unterzeichnung der Vereinbarung mit der IAEO seien noch „erhebliche Differenzen auszuräumen“.
25 May 2012
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Irans Außenminister hat bei der Sicherheitskonferenz in München Verhandlungen über das Atomprogramm in Aussicht gestellt. Als Termin nannte er Ende Februar.
Der scheidende israelische Heimatschutzminister bestätigt, dass Vorkehrungen für einen Krieg gegen den Iran mit 500 Toten getroffen wurden. Sein Nachfolger Avi Dichter gilt als Hardliner.
Statt zu verschrotten, modernisieren Kernwaffenstaaten ihre Arsenale. Das zeigt der Bericht des Friedensforschungsinstituts Sipri. Die Zahl der Friedenseinsätze stagniert.
Die Atomenergiebehörde IAEA vermutet, dass der Iran Spuren an der umstrittenen Atomanlage Parchin verwischt. Satellitenbilder zeigten abgerissene Gebäude und abgetragenen Boden.
Der iranische Atomprogramm-Chef Fereidun Abbassi Dawani will 2013 ein zweites AKW in Buschehr bauen lassen. Zudem sieht er „keinen Grund“, die Uran-Anreicherung zu stoppen.
Vielleicht ist es die letzte Gelegenheit, einen Krieg abzuwenden zwischen Israel und dem Iran. Am Mittwoch wird in Bagdad erneut über das iranische Atomprogramm verhandelt.
Längst liegen alle Elemente für eine schrittweise Lösung des Konflikts auf dem Tisch. Doch die Dynamik des US-Wahlkampfes lassen Vereinbarungen vor November nicht zu.
Die neue Gesprächsrunde über das iranische Atomprogramm wurden von beiden Seiten positiv bewertet. Teheran war mit einem Plan gekommen, weiter geht's im Mai.
Teheran wird voraussichtlich dem UNO-Sicherheitsrat einen Vierstufenplan vorstellen. Atomare Technologie zu zivilen Zwecken will Iran weiterhin nutzen.