taz.de -- Rassistischer Angriff und Hitler-Chats: Security-Beauftragter arbeitet nicht mehr bei AfD-Fraktion
Erst entzog ihm der Bundestag den Hausausweis, nun ist Philipp R. bei der AfD raus. Auch gegen einen AfD-Abgeordneten wird wegen Rassismus ermittelt.
Berlin taz | Der ehemalige Sicherheitsbeauftragte der AfD im Bundestag arbeitet nicht mehr für die extrem rechte Fraktion. Kürzlich war bekannt geworden, dass mehreren AfD-Mitarbeitern [1][aus Sicherheitsgründen der Hausausweis entzogen oder verweigert wurde]. Einer der Betroffenen war der 38-jährige Philipp R. Die AfD hatte R. eingestellt, obwohl dieser im letzten Jahr nach einem rassistischen Angriff zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, [2][wie der Spiegel recherchiert hatte]. Der AfD-Sicherheitsbeauftragte hatte 2022 Bewohner einer Asylbewerberunterkunft rassistisch beleidigt und mit einer Schreckschusswaffe bedroht.
Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, bestätigte am Morgen bei einer Pressekonferenz, dass der Vertrag aufgelöst sei. Weitere Details wollte er nicht nennen und behauptete, dass es sich dabei um eine Datenschutzsache handele. Die Bild hatte zunächst über seinen Rausschmiss berichtet, ob er tatsächlich gekündigt wurde oder selbst gegangen ist, ließ Baumann aber offen.
Auch der taz liegt das Urteil vor und das hat es in sich: Philipp R., ein Reservist, der früher im Rettungsdienst der Bundeswehr arbeitete, war im Dezember 2022 vor dem Amtsgericht Tettnang in Baden-Württemberg wegen Bedrohung, unerlaubtem Waffenbesitz und Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 175 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt worden, also 8.750 Euro.
Im Februar desselben Jahres hatte er nachts vor einer Geflüchtetenunterkunft in Friedrichshafen zwei jugendliche Bewohner rassistisch beleidigt und sie mit einem Schuss aus einer Schreckschusspistole bedroht. Anschließend war er mit 1,8 Promille Alkoholpegel mit seinem Auto davongefahren. Herbeigerufene Polizisten hatten damals im Auto von Philipp R. die Schreckschusspistole, Munition, Magazine sowie einen Schlagring und Pfefferspray gefunden.
R. ist Kreisvorstand in Weidels Wahlkreis
Zudem entdeckten sie auf seinem Handy zwei einschlägige Chatgruppen namens „Gute Alte Zeit“ und „1888“. Letzteres ist ein rechtsextremer Szenecode. Die „18“ steht für den ersten und achten Buchstaben des Alphabets, „Adolf Hitler“, und die „88“ für „Heil Hitler“. Philipp R. hatte zudem volksverhetzende Memes geliked oder kommentiert. „Mir gefällt Fußball. Weil es noch die einzig legale Art ist, einen N*ger zu kaufen“, lautet eines. Ein anderes: „Kochen mit Adolf – Schritt1: Gas aufdrehen“.
Neben der Geldstrafe wurde Philipp R. damals auch der Führerschein entzogen. Ein Berufungsgericht bestätigte die Verurteilung und Strafe später weitgehend. Das Urteil ist seitdem rechtskräftig.
R. ist noch Parteimitglied und sogar Beisitzer des Kreisvorstands im Bodenseekreis. Pikant: Es handelt sich um den Wahlkreis von Parteichefin Alice Weidel. Ob R. nun auch Parteiordnungsmaßnahmen drohen, wollte die Fraktionsvorsitzende auf Anfrage der taz nicht beantworten. Ebenso wenig, wie lange sie R. bereits kennt. Der Kreisverband äußerte sich auf taz-Anfrage dazu bislang ebenfalls nicht.
Ermittlungen gegen AfD-Abgeordneten
Unterdessen wurde bekannt, dass es sich bei einem weiteren Mitarbeiter ohne Hausausweis um den Ex-AfD-Bundestagsabgeordnen Ulrich Oehme handelt. Oehme bestätigte dies nun auch auf taz-Anfrage. Als Abgeordneter sorgte er für Schlagzeilen, weil er trotz der russischen Besatzung 2018 [3][auf Putins Kosten auf die Krim reiste] sowie eine [4][verbotene SA-Parole auf Wahlplakate] druckte.
Auch deshalb ist Oehme jetzt der Hausausweis verweigert worden, teilte er der taz mit. In der Begründung würden „verschiedene Punkte“ genannt, darunter seine Russland-Kontakte und ein Gerichtsverfahren wegen der Nutzung verfassungswidriger Symbole. Oehme sprach von „einigen falschen Punkten im Ablehnungsschreiben“. Er klage deshalb vor dem Verwaltungsgericht. Seine Arbeit sei eingeschränkt, da er weder auf das Intranet noch auf den Mailverkehr des Bundestags zugreifen könne.
Unter den weiteren Mitarbeiter*innen, die keinen Hausausweis bekommen haben sollen, soll sich auch der extrem rechte Islamfeind Michael Stürzenberger befinden, der beim bayerischen AfD-Abgeordneten Erhard Brucker beschäftigt worden sein soll. Auf taz-Anfrage wollte dieser das weder bestätigen noch dementieren.
Inzwischen ermittelt offenbar der Staatsschutz selbst gegen Brucker, weil dieser vorletzten Freitag am Berliner Hauptbahnhof einen sehbehinderten Mann aus Sierra Leone rassistisch beleidigt haben soll, wie verschiedene Medien unter [5][Bezugnahme auf die Bundespolizei berichteten]. Auch hierzu wollte sich Brucker auf taz-Anfrage nicht äußern (Zitat: „Ich werde mit ihrem Blatt NIEMALS kommunizieren!“).
Für [6][Leute, die Brucker kennen], ist das keine große Überraschung: Im September 2021 hatte Brucker bereits ein Zivilverfahren gegen einen Parteifreund verloren, weil er ihm verbieten lassen wollte, ihn als „Alkoholiker“ zu bezeichnen. Brucker unterlag aufgrund zahlreicher parteiinterner und parteiöffentlicher Ausfälle, „die ein Alkoholproblem nahelegten“. So soll er Parteifreunden durchaus schon mal Prügel angedroht haben (Zitat: „Er hat gesagt, er ist 1,90 groß, wiegt 140 Kilo und hat eine harte Durchschlagskraft.“), wie das Portal [7][Regensburg Digital berichtet].
Brucker ist demnach seit 15 Jahren mit rechtsextremen Strukturen vernetzt, war früher in der extrem rechten Splitterpartei „Die Freiheit“, Redner bei „Pegida“ und Unterstützer der islamfeindlichen Organisation „Pax Europa“.
Hinweis: Der Text wurde aktualisiert, d. Red.
7 Oct 2025
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