taz.de -- Dienstreisen von Regierungsmitarbeitern: Abgehoben für die Politik

Mitarbeiter von Ministerien und Behörden fliegen seit der Corona-Pandemie öfter. Und das, obwohl sie verpflichtet sind, Flugreisen zu vermeiden.
Bild: Nicht immer der schnellste Weg: Diese Regierungs-maschine musste auf dem Weg von Berlin nach Köln in Leipzig/Halle notlanden

Berlin afp | Die Zahl der innerdeutschen Dienstreisen per Flugzeug durch Mitarbeitende von Ministerien und Bundesbehörden ist nach dem Einbruch infolge der Corona-Pandemie wieder deutlich gestiegen.

Im Jahr 2022 stieg die Zahl solcher Inlandsflugreisen im Vergleich zum Vorjahr um 43,1 Prozent, im Jahr 2023 um weitere 21,7 Prozent, ehe sie im Jahr 2024 um 14,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sank: Dies geht aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die AFP am Mittwoch vorlag.

In absoluten Zahlen wurden 2024 insgesamt 13.209 Dienstreisen per Inlandsflug gezählt, nach 15.445 (2023), 12.694 (2022) und 8872 im Jahr 2021. Im Corona-Jahr 2021 war die Zahl der Flüge allerdings wegen der Lockdown-Maßnahmen außerordentlich gering, im Vergleich zum Vorjahr 2020 war sie um 67 Prozent gesunken.

Der Linken-Klimaexperte Fabian Fahl übte scharfe Kritik daran, dass die Zahl der besonders umweltschädlichen Inlandsflüge nach der Pandemie wieder stieg.

Mitarbeiter*innen zu Reisevermeidung verpflichtet

Die Regierung hätte die Chance gehabt, „das [1][enorme Potential, das sich durch Video-Konferenzen ergeben hat], zu verstetigen“, sagte der Bundestagsabgeordnete zur Nachrichtenagentur AFP. Statt eine Strategie zu entwickeln, habe die Regierung „einfach alles weiterlaufen“ lassen.

Der „beste Verkehr“ sei der, „der erst gar nicht entsteht“, sagte Fahl. „Inlandsflüge hingegen sind der absolute Klimakiller.“ Der Linken-Abgeordnete warf der CDU-geführten Bundesregierung vor, keine Strategie zu haben, wie sie bis 2030 ihre innerdeutschen Flüge auf Null bringen könne. „Die Vielfliegerei der ‚Ampel‘ [2][wird sich auch in der Merz-Regierung fortsetzen]“, kritisierte er.

Im Jahr 2021 war das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit in Kraft getreten. Es schreibt für Bundesbehörden den [3][Grundsatz der Reisevermeidung] vor. Bei der Anordnung oder Genehmigung von Dienstreisen sind seitdem auch umweltbezogene Kriterien zu berücksichtigen.

Seit der Corona-Pandemie trage „die intensive Nutzung von Web- und Videokonferenzen erheblich zur Vermeidung von Dienstreisen bei“, schrieb das Umweltministerium in seiner Antwort auf die Linken-Anfrage. Bei „nicht vermeidbaren Inlandsdienstreisen“ werde vorrangig die Bahn genutzt.

10 Sep 2025

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[1] /Fuenf-Jahre-Coronavirus/!6061831
[2] /Flugreisen-von-CDU-Chef-Friedrich-Merz/!6076286
[3] /Plaedoyer-fuer-langsames-Reisen/!6112171

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