taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Tanz im Rhythmus des Kapitalismus

Beim Kate Schellenbach Experiment! mischen auch zwei Beatsteaks-Musiker mit. Die erste EP des neuen Projekts ist wütend, punkig, feministisch.
Bild: Das Kate Schellenbach Experiment!

Kurz, heftig und auf den Punkt ist die erste EP eines Berliner Projekts, das sich Das [1][Kate Schellenbach Experiment! (DKSBE!) nennt]. Die Gruppe ist prominent besetzt, zwei Beatsteaks-Mitglieder (Thomas Götz und Torsten Scholz) und deren Soundmann (Tom Körbler) machen mit Karoline Paschedag (Bassistin von 24/7 Diva Heaven) gemeinsame Sache.

Die vier Songs auf „Izza Asta Alate“ (Tomatenplatten) sind Hommage in mehrfacher Hinsicht: Im Bandnamen erinnern sie an Kate Schellenbach, frühe Schlagzeugerin der Beastie Boys, die 1984 von BB-Produzent Rick Rubin aus der Band gekickt wurde, weil dieser eine Frau in der Band irgendwie komisch fand.

Im ersten Stück warten DKSBE! dann direkt mit einer DAF-Würdigung auf: Synthies ballern, die Drums treiben den Track voran, dazu singt Karoline Paschedag: „Tanz im Rhythmus/ des Kapitalismus/ Marschier im Takt/ seiner Macht“. Das Ganze streng eingetaktet natürlich.

In „Effiziente“ macht sie sich zu Elektroclash-Gabba-Tönen über den Selbstoptimierungslifestye lustig („Höher, schneller, weiter besser/ freundlich lächelnd/ im Einklang mit dir selbst“). Musikalisch weicher und flüssiger kommt „Handschuh“ daher: Synthiesounds wabern, der Beat ist grooviger, die Stimme legt sich spoken word darüber.

Die Lyrics des Tracks erzählen von Gender-Prägungen – Jungs machen Jungssachen, Mädchen machen Mädchensachen – und konterkarieren binäre Kategorien auf äußerst lässige Art und Weise: „Dabei wollen doch alle nur/ tun und lassen/ was sie wollen/ nämlich trinken und tanzen und spielen und schlafen“. Zu dieser EP will man vor allem: tanzen.

19 Sep 2025

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[1] https://www.tomatenplatten.com/das-kate-schellenbach-experiment-izza-asta-alate-ep/

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Jens Uthoff

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