taz.de -- Journalisten in Lebensgefahr: Gemeinsam eintreten für Pressefreiheit in Gaza

Gazas Journalisten sind Israels Gewalt schutzlos ausgeliefert, internationalen Medien wird der Zugang verwehrt. Es ist ein Kampf gegen die Wahrheit.
Bild: Ezzeldin al-Masri hält die Ausrüstung von seinem Bruder und Journalisten Hussam, der bei einem israelischen Angriff getötet wurde

Kriegsberichterstattung ist der härteste Journalismus. Man berichtet vom Tod und hat ihn dabei ständig an der Seite. Das nächste Geschoss kann einen selbst treffen oder die Menschen, von denen man Zeugnis ablegt. Missfällt die Berichterstattung einer Kriegspartei, kann das zum Verhängnis werden. Wird die eigene Heimat Kriegsschauplatz, ist das Berichtsthema zugleich persönliches Trauma. Von Kyjiw bis Khartum, von Goma bis Gaza stellt sich immer wieder die Frage: Wie verhält man sich da richtig, vor Ort und in fernen Redaktionen?

Kein Krieg der Gegenwart ist für Journalisten härter als der im Gazastreifen. Rund 200 Journalisten wurden bislang getötet, alle von Israels Armee. Aus Israels Versuch der Zerschlagung der Hamas nach den Terrorangriffen des 7. Oktober 2023 ist längst ein Krieg zur Zerstörung der palästinensischen Gesellschaft geworden. Als Erstes verschwinden dabei die zivilen Freiräume. Übrig bleiben am Ende Gewaltakteure in Ruinenfeldern voller verhungernder Menschen und verwesender Leichen.

Die Besonderheit Gazas: Auch die Journalisten haben keine Wahl. Wer drin ist, kann nicht raus. Wer draußen ist, kann nicht rein. Internationalen Medien ist der freie Zugang nach Gaza seit Kriegsbeginn verboten, sie sollen nur Armeepropaganda zu sehen bekommen. Palästinensische Journalisten in Gaza wiederum sind schutzlos, während alles um sie herum in Trümmer fällt. Medien weltweit zusammen mit Reporter ohne Grenzen fordern daher heute gemeinsam freien Zugang für Journalisten nach Gaza und Schutz für Gazas Journalisten.

Seriöse Medien arbeiten im Krieg immer mit Ortskräften zusammen – nicht nur, wenn es nicht anders geht, sondern auch, weil es richtig ist. Die Erfahrung der taz, ob in Gaza oder Sudan, der Ukraine oder der DR Kongo, zeigt: Professionelle Vernetzung von Menschen ist das beste Gegenmittel gegen Hetze und Fake News auf dem Smartphone. Im Idealfall sind lokale Journalisten im Kriegsgebiet die Stimmen der Bevölkerung, sind auswärtige Reporter Augen und Ohren der Weltöffentlichkeit, sind unabhängige Medien Schutzräume für die Wahrheit. Es ist höchste Zeit, öffentlich füreinander einzustehen. Die in Gaza gesetzten mörderischen Maßstäbe zum Umgang mit Journalismus dürfen keine globale Normalität werden.

1 Sep 2025

AUTOREN

Dominic Johnson

TAGS

Schwerpunkt Pressefreiheit
Journalismus
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Gaza
Social-Auswahl
Reporter ohne Grenzen
Reden wir darüber
Israel Defense Forces (IDF)
Gaza
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
Israel
Feinde der Pressefreiheit

ARTIKEL ZUM THEMA

Gazastreifen: Israel tötet Journalisten von ZDF-Partnerfirma

Ein Mitarbeiter der palästinensischen Produktionsfirma PMP kam in Gaza bei einem israelischen Raketeneinschlag ums Leben. Das ZDF verurteilt den Angriff.

Palästinensische Reporterin: „Nach dem Krieg will ich Journalismus studieren“

Malak Tantesh berichtet für mehrere Zeitungen aus dem Gazastreifen. Die Arbeit macht ihr Spaß – trotz der großen Angst, selber umgebracht zu werden.

Eskalation in Gaza: Eine humanitäre Intervention ist nötig

Israel begeht im Gaza-Streifen am laufenden Band Kriegsverbrechen. Höchste Zeit, dass die internationale Gemeinschaft endlich handelt.

+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israels Militär setzt Feuerpause für Gaza aus

Israels Armee hebt die humanitäre Feuerpause für Gaza-Stadt auf. Das Gebiet sei eine „gefährliche Kampfzone“, lautet die Begründung.

Pressefreiheit in Gaza: Zerstörung als Ziel

Erneut wurden Journalist*innen bei einem Doppelschlag getötet. IDF und Hamas gehen dabei mit ähnlichen Zielen vor: Die Pressefreiheit zu zerstören.