taz.de -- Korruption in der Ukraine: Nächste Klatsche für Kolomojskiy

Ein Londoner Gericht urteilt, dass der ukrainische Oligarch die „Privatbank“ entschädigen muss. Er hatte sie um zwei Milliarden Dollar erleichtert.
Bild: Ihor Kolomojskyj: seine besten Zeiten hinter sich

Mönchengladbach taz | Fast zwei Milliarden US-Dollar sollen die ukrainischen Oligarchen und Geschäftspartner Ihor Kolomojskiy und Hennadiy Boholyubov aus der „Privatbank“, deren Besitzer sie bis 2016 waren, abgezweigt haben. Dies befand am Donnerstag ein Londoner Gericht. Nun, so das Gericht, müssen die Geschäftspartner und ehemaligen Besitzer die „Privatbank“ entschädigen.

Die Bank war 2016 vom ukrainischen Staat übernommen worden, weil sie aufgrund von Betrug und Missmanagement kurz vor dem Zusammenbruch stand und damit die Wirtschaft gefährdete. Die beiden früheren Eigentümer sollen 2013 und 2014 über fingierte Kredite und gefälschte Handelsdokumente Geld an Firmen in Großbritannien weitergeleitet und damit ausländische Vermögenswerte gekauft haben.

Die neuen Besitzer hatten gegen die beiden in Großbritannien geklagt, weil sich dort Briefkastenfirmen befanden, die Kolomoyskiy und Boholyubov kontrollierten. Sie wehren sich vehement gegen die Vorwürfe, sehen die Klage als politisch motiviert an, war deren Bank doch unter der Präsidentschaft von ihrem Widersacher Petro Poroschenko verstaatlicht worden.

Der Londoner Prozess gegen Kolomoyskiy macht aber auch deutlich, dass der Oligarch seine besten Zeiten hinter sich hat. Er hatte es, wie kaum einer, geschafft, vor allem mit seinem Fernsehsender 1+1 Einfluss auf die Politik und die Meinungsbildung zu nehmen. Jahrelang konnte auf diesem Sender ein gewisser Komiker, Wolodymyr Selenskyj, mit seiner Spaßtruppe „Kwartal 95“ in seiner Serienshow „Diener des Volkes“ Politiker wie Petro Poroschenko oder Julia Timoschenko durch den Kakao ziehen.

Kein Zufall

Und so war es auch kein Zufall, dass Komiker Selenskyj ausgerechnet in der Neujahrsendung 2019 in einer Übertragung von 1+1 seine Kandidatur für das Amt des ukrainischen Präsidenten erklärt hatte. Doch längst ist aus dem Ziehvater und engen Weggefährten Ihor Kolomoyskiy ein Gegner des 2019 zum Präsidenten gewählten Wolodymyr Selenski geworden. 2023 wurde Kolomojskiy in der Ukraine wegen Betrugs festgenommen.

Auch in den USA wurden Ermittlungen gegen den Oligarchen aus dem ostukrainischen Dnipro eingeleitet. Kolomoyskyi, der zwischen März 2014 und und März 2015 Gouverneur des Gebietes Dnipropetrowsk war, hatte immer ein eigenes Verhältnis zu Vorschriften und Gesetzen.

Als er einmal gefragt wurde, wieso er eigentlich zwei Staatsbürgerschaften habe, was ja für einen Regierungsbeamten verboten ist, antwortete er, nicht zwei, sonder drei Staatsbürgerschaften. Und das sei ja nicht verboten. Doch während Kolomoyski 2023 seinen Palast gegen eine Gefängniszelle tauschen musste, konnte Geschäftspartner Boholyubov ins Ausland entkommen.

Wie er das geschafft hat, bleibt ein Rätsel, ist doch ukrainischen Männern seit Februar 2022 eine Ausreise verboten. Dass man seinen Widersacher Ihor Kolomoyskyi erneut des Betrugs und der Korruption überführt hat, dürfte Selenskyj wohl nur auf den ersten Blick erfreuen.

Luxus pur

Mittlerweile häufen sich Artikel in den ukrainischen Medien um einen weiteren engen Weggefährten von Selenskyj, Timur Mindich. Doch während sich Selenskyj und Kolomoyskyi nicht mehr grün sind, ist Mindich immer noch ein enger Weggefährte des Präsidenten. Mindich gehört bei Selenskis früherer Spaßtruppe „Kwartal 95“ zu den Männern der ersten Stunde. Und nun machen Bilder von Mindichs Wohnung die Runde, auf denen man Luxus pur, darunter [1][eine Toilette aus Gold], erkennen kann.

Veröffentlicht wurden diese Photos von dem Abgeordneten Jaroslaw Schelesnjak. Damit nicht genug. In eben dieser Luxuswohnung fanden wichtige geheime Treffen und Gespräche während der Wahlkampagne von Wolodymyr Selenskyj statt.

Dies berichtet das ukrainische Portal censor.net unter Berufung auf Schelesnjak. Im gleichen Gebäude, so Schelesnjak, hätten sich auch Wohnungen von Igor Kolomoyskyj und Hennadi Boholyubow befunden. Inzwischen, so censor.net, soll Mindich aus der Ukraine geflohen sein, vermutlich nach Österreich, um sich der Ermittlung [2][durch die ukrainische Anti-Korruptionsbehörde (NABU)] zu entziehen.

1 Aug 2025

LINKS

[1] https://censor.net/ru/news/3566159/jeleznyak-pokazal-foto-iz-kvartiry-mindicha
[2] /Selenskyjs-Gesetz-gestoppt/!6099752

AUTOREN

Bernhard Clasen

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