taz.de -- Aus für Grundschule in Berlin-Kreuzberg: Soziales Gefüge wird plattgemacht

Schüler:innen, Lehrkräfte und Eltern demonstrieren für den Erhalt der Reinhardswald-Grundschule an ihrem bisherigen Standort an der Gneisenaustraße.
Bild: Kann weg, sagt der Senat: die Reinhardswald-Grundschule in Kreuzberg

Berlin taz | Kinder sind bekanntlich Krachmacher. Das weiß spätestens seit Dienstagmorgen auch die Senatsfinanzverwaltung, nachdem sich vor ihrem Hauptsitz an der Klosterstraße in Mitte kurz nach 10 Uhr mit Rasseln und Trommeln rund 200 Grundschüler:innen der Reinhardswald-Grundschule samt Eltern, Lehr- und Erziehungskräften versammelten.

Ihr Ziel: CDU-Finanzsenator Stefan Evers eine Petition in die Hand zu drücken, in der der langfristige Erhalt des Grundschulstandorts in Kreuzberg gefordert. Und generell wollen sie endlich Klarheit, wie es weitergehen soll. Denn bislang steht einzig und allein eines fest: Am 31. Januar 2028 wird am bisherigen Standort an der Gneisenaustraße Schluss mit Unterricht sein.

Begründet wird das Aus mit Asbestbelastung auf höchster Stufe, unzureichendem Brandschutz – und Prognosen, die einen Geburtenrückgang im Einzugsbereich der Schule vorhersagen. Auf letztere stützt sich jedenfalls Finanzsenator Evers. Für die Elternvertretung ist das bloß ein vorgeschobenes Argument, mit dem die langfristige Finanzierung des Schulstandortes infrage gestellt wird.

„Wie kann es sein, dass der Standort einer so erfolgreichen, stark nachgefragten und tief im Kiez verwurzelten Grundschule auf Grundlage statistischer Annahmen infrage gestellt wird?“, heißt es in der im April gestarteten Petition der Gesamtelternvertretung, die sich nicht nur an den Finanzsenator, [1][sondern auch an CDU-Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch richtet]. „An der Schule hängt so viel mehr dran“, sagt die Vorsitzende der Elternvertretung, Antje Bonhage.

Engagierte Bildungsarbeit

Die Grundschule zeichne sich, so Bonhage, nicht nur durch engagierte Bildungsarbeit aus, sondern auch durch ihr umfangreiches Ganztagsangebot, das für die Hälfte der insgesamt 600 Schüler:innen [2][in Schülerläden stattfindet]. Ein Modell, das es so nur noch in Berlin gibt und das auch zu verschwinden droht.

Diese Betreuungsstruktur stünde mit dem Ende an der Gneisenaustraße auf der Kippe. Denn die zehn Schülerläden der Grundschule verteilen sich auf ganz Kreuzberg. „Wir sind ein soziales Gefüge im Kiez“, sagt Alexandra Kreische, eine der Erzieherinnen. Eltern, die Nachbarschaft und die Schule seien seit Jahrzehnten eng miteinander verbunden. Nicht nur, aber vor allem für die Schüler:innen seien die Schülerläden „eine kleine Oase außerhalb der Schule“, sagt Kreische.

Finanzsenator Evers ist am Dienstag nicht für sie da. Stattdessen nimmt ein Pförtner die Petition entgegen. Für Antje Bonhage von der Elternvertretung ist das bezeichnend für die Gesamtsituation. Denn weder die Senatsverwaltung für Finanzen noch die für Bildung fühlten sich für die Zukunft der Reinhardswald-Grundschule verantwortlich. Eine Lehrerin spricht von einer „Hängepartie“ seit zwei Jahren.

Voraussichtlich noch vor den Sommerferien soll bekannt gegeben werden, wie es mit der Kreuzberger Grundschule weitergehen wird. Für die Schüler:innen steht jedenfalls fest: Sie werden so lange laut sein und protestieren, bis ihre Schule bleiben darf.

1 Jul 2025

LINKS

[1] /Umgang-mit-Beschwerde-eines-Lehrers/!6093219
[2] /Selbstverwaltete-Kinderlaeden-in-Berlin/!6018122

AUTOREN

Nina Schieben

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