taz.de -- Ukrainische Angriffe: Ein Drittel von Russlands Bomberflotte zerstört

Die Ukraine feiert ihren bislang schwersten Schlag gegen das russische Militär: Mit ferngesteuerten Angriffen auf Luftwaffenbasen im ganzen Land.
Bild: Feuer in der Region Irkutsk nach dem Beschuss

Kyjiw taz | „Strategische Bomber haben sich vom Flugplatz Olenja in der Region Murmansk in die Lüfte erhoben und sind auf dem Weg zu den Abschusspositionen. Die ersten Raketen werden in den nächsten Stunden in den ukrainischen Luftraum eindringen. Suchen Sie Schutzräume auf!“ [1][Diese Alarmmeldung haben die Ukrainer in den vergangenen drei Jahren Hunderte Male gelesen]. Die Luftwaffenbasis Olenja im hohen Norden Russlands ist einer der Orte, von denen aus strategische Kampfflugzeuge am häufigsten ukrainische Städte mit Iskander-, Kinschal- und anderen Langstreckenmarschflugkörpern bombardieren.

Dieser und drei weitere Flugplätze – Belaja in der Region Irkutsk, Iwanowo in der gleichnamigen Region und Djagilewo in der Region Rjasan – wurden am 1. Juni Ziel eines äußerst effektiven simultanen ukrainischen Drohnenangriffs. Militärexperten bezeichnen die „Operation Spinnennetz“ als einzigartig und sind der Meinung, dass sie in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU, so berichten ukrainische Quellen über den Ablauf, brachte über einen längeren Zeitraum heimlich mehr als hundert Angriffsdrohnen nach Russland. Später wurden separat flache Holzcontainer nach Russland geliefert, in die die Drohnen dann verladen wurden. Diese Konstruktionen wurden auf den Dächern mehrerer Lkws montiert, die am Tag der „Spezialoperation“ in der Nähe der Flugplätze geparkt waren.

Im Moment des Angriffs wurden die Deckel der Container ferngesteuert geöffnet und die Drohnen gestartet. Aufgrund des Überraschungseffekts und des gleichzeitigen Angriffs auf mehrere Ziele konnten die russischen Streitkräfte nicht rechtzeitig Alarm schlagen und damit ihre Flugzeuge nicht rechtzeitig in die Luft bringen oder sie aktiv verteidigen.

117 Drohnen und Piloten beteiligt

Wie der Leiter des SBU, Generalleutnant Wassyl Malyuk, später über die Einzelheiten der Operation berichtete, waren an den Angriffen 117 Drohnen und 117 Piloten beteiligt. Jeder Pilot hatte ein klares Flugmuster und einen bestimmten Ort zugewiesen bekommen, an dem er einen bestimmten Flugzeugtyp angriff, um maximalen Schaden anzurichten. Laut dem ukrainischen Geheimdienst wurden bei der Operation etwa 40 russische Bomber beschädigt oder zerstört. Der Gesamtschaden entspricht etwa 34 Prozent der strategischen Marschflugkörperträger Russlands.

Videoaufnahmen zeigen, dass sich unter den beschädigten Maschinen die teuren Typen A-50, Tu-95, Tu-22M3 und Tu-160 befinden. Diese Flugzeuge werden in Russland nicht mehr hergestellt, sondern es werden nur noch sowjetische Modelle modernisiert. Der Gesamtschaden wird auf etwa sieben Milliarden Dollar geschätzt, während die durchschnittlichen Kosten für eine Angriffsdrohne bei 300 bis 600 Dollar liegen.

Die Vorbereitung der „Operation Spinnennetz“ dauerte eineinhalb Jahre und wurde von SBU-Chef Malyuk persönlich geleitet. „Die Zerstörung der feindlichen Bomber ist eine Aufgabe, die uns vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gestellt wurde. Er kontrollierte persönlich den Verlauf der Operation. Es war nicht nur ein vernichtender Schlag gegen feindliche Flugzeuge, sondern auch ein schwerer Schlag ins Gesicht des russischen Regimes und dessen terroristischen Wesens“, sagte er. Die Operation sei logistisch äußerst komplex, habe in drei Zeitzonen stattgefunden – und trotzdem sei es den beteiligten Agenten gelungen, Russland ohne Verluste zu verlassen.

Malyuk betonte außerdem, dass diese Operation voll und ganz mit [2][dem Völkerrecht übereinstimmt], da der Angriff Militärflugplätze und Kampfflugzeuge traf, die zum Beschuss friedlicher ukrainischer Städte dienen.

Ein Signal auch die Gespräche in Istanbul

Russland bestreitet die ukrainischen Angaben und zugleich verbreiten [3][russische Propagandisten] die These, die Ukrainer seien nicht in der Lage, eine solche Operation selbst zu planen und durchzuführen. Einige Quellen behaupten jedoch, dass die US-Regierung von der ukrainischen Seite gar nicht vorab informiert wurde.

Neben der Verringerung der russischen Fähigkeit, Raketenangriffe auf die Ukraine zu starten, hat diese Operation weitere Nebeneffekte. Ihr Erfolg ist eine Ermutigung für die Ukraine, während ansonsten die [4][russischen Streitkräfte am Boden] in der Region Sumy, im Frontabschnitt von Charkiw und in der Region Donezk aktiv angreifen und sich der Grenze zur Region Dnipropetrowsk nähern.

Auch vor dem Hintergrund der zweiten russisch-ukrainischen Gesprächsrunde in Istanbul am Montag war dieser Angriff wichtig. Die Teilnahme der ukrainischen Delegation sowie die Angriffe auf russische Militärflughäfen sind zwei klare Signale an Donald Trump: Einerseits zeigt die Ukraine ihr Engagement für Friedensgespräche – andererseits zeigt sie ihre „Karten“, deren Vorhandensein der US-Präsident regelmäßig abstreitet. Diese Karten sind Drohnen.

2 Jun 2025

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AUTOREN

Anastasia Magasowa

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