taz.de -- Die Kunst der Woche: Im erweiterten Raum

Zum Monat der Fotografie-Off Berlin zeigt das Schau Fenster die Gruppenausstellung „Invading Space“, die das Thema Räumlichkeit neu dreht und wendet.
Bild: Karolina Maria Dudek, „The Absence“, Installationsansicht

Was dem Gallery Weekend das [1][Sellerie Weekend] ist, ist dem European Month of Photography Berlin der [2][Monat der Fotografie-Off Berlin]. Zum sechsten Mal findet das den EMOP erweiternde Festival dieses Jahr an über 30 Ausstellungsorten statt. Im [3][Schau Fenster] in Kreuzberg steht dabei alles im Zeichen des Raumes.

In der Gruppenausstellung „Invading Space“ widmen sich Karolina Maria Dudek, Erik Irmer, Ute Klein und Sonja Trabandt dem Thema der Räumlichkeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Den Erinnerungsraum Familie untersucht Karolina Maria Dudek als einen Raum der Abwesenheiten. Anonyme Figuren und Altersgruppen verschmelzen ineinander, Köpfe und Münder wechseln die Körper, Fotoarchive sind in Fragmenten präsent, nur um sich sofort wieder zu entziehen. Teilweise bringt sie dreidimensionale Gegenstände in den Raum, gestauchte Fotografien oder organisch gewachsene Steingebilde, auf denen sich Moos vermuten lässt.

An den Wänden, auf denen [4][die Künstlerin] ihre Arbeiten zu großzügigen Collagen miteinander verbindet, sodass sich Alltagsszenen, Familienschnappschüsse und einzelne Gegenstände überlappen, wachsen Bezüge, die vielleicht gar keine sind, jedenfalls nicht die, die wir uns traditionell erzählen. Und was ist Erinnerung, wenn nicht eine Erzählung, die ständig die Richtung wechselt?

Bei Ute Klein teilen sich Paare den Bildraum. Zwischen sich lassen sie dafür kaum einen Spalt. Sichtbar sind nur noch Teile der Körper wie Arme oder Haaransätze, die Kleidung, und doch will man in den Konstellationen Paare aus Frauen und Männern erkennen.

In ihrer Serie [5][„Triaden“] umarmen sich diese Menschen, ja mehr noch, sie sind ineinander verschlungen – wie es schon bei Kleins „Resonanzgeflechten“ von 2009 der Fall war –, sie verknoten sich scheinbar und bilden mit Kleinkind auf dem Rücken oder dem Kind, das noch erwartet wird, einen engen Haufen, der sich dringend etwas lösen müsste, um Platz zum Atmen zu lassen.

Mit „Aliens“ betitelt Erik Irmer Pflanzen und Tiere, die den hiesigen Breitengraden nicht ursprünglich zugeordnet wurden, seien es der knallgrüne Halsbandsittich oder die ostchinesische Wollhandkrabbe. Den Topos der gebietsfremden Arten, er recherchiert ihn in [6][seiner Serie] entlang des Klimawandels, von Handelsrouten und aufgeregter Zeitungsmeldungen. Noch dieses Jahr soll die Serie als Fotobuch erscheinen.

Sonja Trabandt schließlich untersucht, was passiert, wenn der Fotografie das widerfährt, was sie zeigt, und sie zugleich selbst in den Raum tritt. Für ihre [7][Serie „Woo Me“] hat sie Feuer dabei aufgenommen, wie es Stoffbahnen in Flammen aufgehen lässt, mal sind die bunten Textilien noch zu sehen, mal steht das lodernde Element selbst im Zentrum der Aufnahmen.

In einem zweiten Schritt flammt Trabandt die auf Plexiglas aufgezogenen Fotografien so lange ab, bis sich die Träger in sich zusammenziehen, an den Seiten auskragen und sich zu biegen beginnen, sodass sie sich zwischen Boden und Wand schmiegen und scheinbar dahinschmelzen.

So ein Feuerchen kommt im Schau Fenster sicher auch zu später Stunde noch mal so richtig schön zur Geltung, ist [8][der Kunstraum] doch auch nach der Dunkelheit traditionell noch einige Stunden in die Nacht hinein als Fensterausstellung von Innen beleuchtet.

26 Mar 2025

LINKS

[1] /Was-sich-lohnt-beim-Gallery-Weekend/!5927506
[2] https://www.monat-off-berlin.de/
[3] https://dasarty.com/events/invading-space/
[4] https://www.karolinamariadudek.co.uk/
[5] https://cargocollective.com/uteklein/
[6] https://www.instagram.com/fotoerikirmer/?hl=de
[7] http://www.sonjatrabandt.com/galleries
[8] /!6044225&s=Andreas+Hartmann&SuchRahmen=Print/

AUTOREN

Noemi Molitor

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