taz.de -- Wahl nach Altersgruppen: Die Jugend ist links
Ältere Wähler:innen verschafften der Union den Wahlsieg. Die Erst- und Jungwähler:innen hingegen suchen nach einer linken Alternative.
Berlin taz | Haben die Wähler:innen vor allem Stabilität gewählt? Für ältere Menschen mag das stimmen. Aber die Jugend sucht nach einer Alternative – und zwar [1][links der Mitte]. Zusammen kommen die Linke (25 Prozent), SPD (12 Prozent) und Grüne (10 Prozent) in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen auf ganze 47 Prozent der Stimmen. Zählt man kleinere Parteien wie die sozialliberale Europa-Partei Volt oder die Tierschutzpartei dazu, gibt es in der jungen Altersgruppe eine absolute linke Mehrheit. Bei Erstwähler:innen [2][führt die Linke sogar mit 27 Prozent].
Als Alice Weidel ihre Partei nach der Wahl im Hinblick auf die jungen Wähler:innen „die Partei der Zukunft“ nannte, träumte sie also. Die Idee der AfD, mit der Union auf Mehrheiten zu kommen, ist realitätsfern: Union und AfD kommen selbst gemeinsam gerade einmal auf ein Drittel der jungen Stimmen.
Selbst mit der FDP wäre ein rechtes Bündnis keine Option. Nahezu brutal sind die [3][starken Verluste der FDP] bei den Jüngeren: Bekamen die Liberalen 2021 noch 21 Prozent der jungen Stimmen, liegen sie diesmal bei rund 5 Prozent – ein Verlust von ganzen 16 Prozentpunkten. Zum Vergleich: [4][Die große Wahlverliererin, die SPD], verliert bei den Jungwähler:innen nur 3 Prozent.
Auch [5][die Grünen verlieren bei den Jüngeren stark]: Kam die Partei 2021 auf der Klima-Protestwelle noch zu 23 Prozent, waren es bei dieser Wahl nur noch 10. Insgesamt hielt sie ihre Kernwählerschaft trotzdem stabiler als alle anderen Parteien – nur ist diese zwischen 25 und 44 Jahre alt.
Altersgruppen ab 35 Jahren traditionell
Stimmen der Wähler:innen ab 35 Jahren gingen insgesamt deutlich öfter an die alten Volksparteien CDU und SPD. Die Mittelalten verschafften allerdings auch [6][der AfD ihr starkes Ergebnis], besonders die 35- bis 44-Jährigen. Am stärksten ist die in Teilen rechtsextreme Partei in eben dieser Altersgruppe, hier kommt sie auf knapp ein Viertel der Stimmen. Ganz besonders im Osten und unter Arbeiter:innen erzielte die AfD ihre stärksten Ergebnisse.
[7][Ganze 42 Prozent der 59,2 Millionen Wahlberechtigten sind über 60 Jahre alt]. Bei ihnen gab es einen klaren Schwenk von der SPD (-11) zur Union (+5). Erweitert man die Altersgruppe der Älteren auf Menschen ab 45 Jahren, wird der Schwenk noch deutlicher: In der Altersgruppe der 45- bis 60-Jährigen gewann die Union 10 Prozentpunkte dazu. Ihr stärkstes Wahlergebnis holte sie allerdings bei den Ü70-Jährigen ein: 43 Prozent der Stimmen dieser Altersgruppe gingen an die Union.
Die Stimmanteile aller Altersgruppen [8][lassen sich in einer interaktiven Grafik auf tagesschau.de] erkunden.
24 Feb 2025
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
In Anlehnung an den "Performative Male Contest" küren Studierende der Humboldt-Universität in einem selbstironischen Wettbewerb das "linkeste" Outfit.
Junge Frauen und Männer sind politisch gespalten wie nie. Zeit für eine neue Erzählung des gesellschaftlichen Wandels entlang von Geschlechtergrenzen.
Die Bundestagswahl hat gezeigt: Junge Menschen fühlen sich von der Politik nicht gehört. Ein Bremer Gymnasium zeigt, wie man Jugendliche ernst nimmt.
Die SPD will sich neu aufstellen und Lehren aus dem historisch schlechten Bundestagswahlergebnis ziehen. Der Parteitag wird auf den Sommer vorgezogen.
Robert Habeck kündigt seinen Rückzug aus der Spitzenpolitik an. Sein vermittelnder Politikstil war eine Bereicherung, wurde ihm aber letztlich zum Verhängnis.
Bei einer schwarz-roten Koalition drohen Rückschritte, fürchten Ökonomin Claudia Kemfert und Aktivistin Carla Reemtsma. Unvermeidlich sei das nicht.
Wie haben die Parteien abgeschnitten? Wo haben sie ihre Hochburgen? Wohin sind die Wähler:innen gewandert? Alle Ergebnisse der Wahl in Grafiken.
Ein neues Online-Tool des Alfred-Wegener-Instituts zeigt live, wie sich die Erderwärmung auf einzelne Regionen auswirkt. Das Tool ist frei zugänglich.
Drei Erkenntnisse aus der Wahl: Einen so harten Rechtsruck gab es noch nie. Die SPD muss leider regieren. Merz wird hoffentlich erwachsen.
Die AfD hat sich bei der Bundestagswahl verdoppelt. Dass die anderen Parteien an sie verloren haben, liegt auch am Migrationswahlkampf.