taz.de -- Zentrum für Politische Schönheit: Fremdgehen verboten
Ein Banner des Zentrums für Politische Schönheit am Berliner Gorki-Theater wurde von der Polizei entfernt. Politiker kritisieren das als rechtswidrig.
Berlin taz | Alice Weidel ist lesbisch, doch bei bestimmten Persönlichkeiten scheint die AfD-Chefin Ausnahmen zu machen – zumindest symbolisch. [1][So etwa für CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz]. Den inszenierten Seitensprung zeigte ein 15 Meter großes Banner, das am Mittwoch an der Fassade des Maxim-Gorki-Theaters in Berlin-Mitte hing: Weidel und Merz im angedeuteten Bruderkuss, angelehnt an das berühmte Foto von Erich Honecker und Leonid Breschnew. Darüber prangte der Satz: „Die Grenze ist nicht mehr sicher!“
Natürlich knutschten Alice und Friedrich nicht wirklich. Hinter der Aktion stand das Künstler*innenkollektiv Zentrum für Politische Schönheit (ZPS). Mit dem Banner wollten die Aktivist*innen nach eigener Darstellung zur Teilnahme an der Bundestagswahl am Sonntag aufrufen. Doch lange hing es nicht: bereits am Mittwochvormittag ordnete die Berliner Polizei das Abhängen an – aus eigenem Antrieb, gestützt auf das Legalitätsprinzip, und ohne, dass eine Anzeige einging.
Ein Polizeisprecher bestätigte das Vorgehen gegenüber der taz: „Im Rahmen einer Überprüfung wurde ein Banner festgestellt, dessen Inhalt strafrechtlich geprüft werden sollte. Aus diesem Grund wurde der Verantwortliche aufgefordert, das Plakat von der Fassade herunterzunehmen“. Die Maßnahme sei vor Ort durch eine angebliche „Beleidigung“ durch das Plakat begründet worden, sagte die Theaterintendantin Shermin Langhoff netzpolitik.org.
Von der Polizei kam jedoch schnell Entwarnung: „Nach Prüfung durch Fachkommissariat und Staatsanwaltschaft konnte kein strafbarer Inhalt festgestellt werden“, erklärte der Sprecher. Das Banner sei zurückgegeben worden, eine tatsächliche Beschlagnahme habe nicht stattgefunden.
Kritik am Vorgehen der Polizei
Auf einem Sicherstellungsprotokoll der Polizei, das die ZPS-Aktivist*innen teilweise auf X veröffentlichten, ist jedoch das Feld „beschlagnahmt“ angekreuzt – mit der Begründung: „weil Beweismittel, nicht freiwillig herausgegeben“ wurden. Dazu erklärte der Polizeisprecher der taz: „Das in den sozialen Medien veröffentlichte Bild eines Polizeivordrucks zur Beschlagnahme wurde während der rechtlichen Prüfung in Teilen ausgefüllt, jedoch aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage nicht im Rahmen einer Amtshandlung ausgehändigt und entfaltet entsprechend keine rechtliche Wirkung.“
In den sozialen Netzwerken hagelte es Kritik am Vorgehen der Polizei. Das ZPS bezeichnete das Einschreiten als „rechtswidrig“ und sprach von einem „schweren Eingriff in die Kunstfreiheit“. Kritik kam auch von Linken-Politiker Niklas Schrader sowie Grünen-Innenexperte Vasili Franco, der die temporäre Beschlagnahmung „ohne Rechtsgrundlage“ kritisierte und ankündigte den „mehr als problematischen Umgang“ mit dem ZPS im Innenausschuss am Montag thematisieren zu wollen.
Erst am Sonntagnachmittag hatte die Berliner Polizei den „Adenauer SRP+“, einen [2][umgebauten Demo-Bus des ZPS, bei der Auftaktkundgebung einer Demonstration gegen CDU und FDP beschlagnahmt]. Schon diese Maßnahme kritisierten die Politkünstler*innen als „unrechtmäßig“ und einen „schweren Grundrechteeingriff“. Die Polizei hingegen begründete das Vorgehen auf X mit einer fehlenden Betriebsgenehmigung des Fahrzeugs. Nach einem Gutachten erhielt das Kollektiv den Wagen zurück.
[3][Das ZPS lässt sich von den polizeilichen Maßnahmen offenbar nicht einschüchtern]. Am Donnerstagvormittag postete das Kollektiv auf seinem Instagram-Kanal ein Bild des Banners – diesmal noch größer, angeblich am Amazon-Tower in Friedrichshain. Dazu schrieben sie: „@polizeiberlin: Ihr kriegt heute relativ viel zu tun.“ Ob es sich um eine echte Aktion oder ein Fake handelt, ist bis Redaktionsschluss unklar.
20 Feb 2025
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