taz.de -- Größte Pleite Österreichs: Immobilienpleitier René Benko festgenommen
Gegen den Gründer der insolventen Signa-Gruppe wird wegen Betrugs ermittelt. Er soll Vermögenswerte vor Behörden und Gläubigern versteckt haben.
Wien taz | René [1][Benko], Gründer des insolventen österreichischen Immobilienunternehmens Signa, ist am Donnerstag in seiner Innsbrucker Villa festgenommen worden. Der 47-Jährige soll als „faktischer Machthaber“ der Laura-Privatstiftung Vermögenswerte verschleiert und dem Zugriff von Behörden und Gläubigern entzogen haben. Auch wird ihm vorgeworfen, eine Rechnung gefälscht zu haben, um drei hochwertige Schusswaffen zu schützen.
Der österreichische Unternehmer hatte mit seiner Signa-Gruppe ein großes Portfolio aufgebaut, zu dem auch die deutschen Kaufhausgruppen [2][KaDeWe] und Galeria sowie der Elbtower in Hamburg gehörten. Im Zuge steigender Zinsen, Energiepreise und Baukosten brach das verschachtelte Firmenkonstrukt zusammen. Nach Angaben des Insolvenzverwalters summiert sich die Summe der Forderungen an Benko auf etwa 2,4 Milliarden Euro.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat eine Festnahme angeordnet und mit Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr begründet. Dem Schritt vorangegangen waren intensive Ermittlungen mittels Telefonüberwachung und Nachrichtenauswertungen. Binnen 48 Stunden muss nun ein Richter entscheiden, ob ein Grund für eine Untersuchungshaft vorliegt. Alternativ könnten „gelindere Mittel“ wie Aufenthaltsbeschränkungen verhängt werden.
Die Ermittlungen der WKStA erstrecken sich über mehrere komplexe Verfahrensstränge. Im Zentrum steht der Verdacht eines ausgeklügelten Geldkarussells rund um Benkos Signa Holding GmbH. Laut Ermittlern soll Benko Gesellschafter unter Vortäuschung angeblicher eigener Zuschüsse zu weiteren Investments im Rahmen einer Kapitalerhöhung verleitet haben.
Ermittlungen auch in Italien und Deutschland
Ein weiterer Untersuchungsstrang betrifft die „Villa Eden Gardona“ am Gardasee, die im Besitz Benkos stand. Beim Verkauf ebendieser an eine ihm nahestehende Stiftung, die INGBE in Liechtenstein, steht der Verdacht der Untreue im Raum, da kein ausreichender Gegenwert geflossen sein soll.
Im Rahmen Benkos persönlicher Insolvenz wird zudem wegen Betrugsabsicht ermittelt. Benko soll Vermögenswerte wie hochpreisige Waffen und Uhren verborgen beziehungsweise ohne angemessene Gegenleistung veräußert haben. Dadurch habe Benko die Befriedigung von Gläubigern geschmälert.
Auch die internationale Dimension des Falls weitet sich aus. In Italien laufen bereits seit 2019 Ermittlungen, die erst kürzlich durch einen europäischen Haftbefehl gegen Benko öffentlich wurden. Die italienische Justiz wirft ihm und seinen Geschäftspartnern vor, in Norditalien eine kriminelle „mafiaähnliche“ Verbindung gegründet und ungebührlichen Einfluss auf Behörden genommen zu haben. Der Haftbefehl konnte in Österreich jedoch nicht vollstreckt werden, da österreichische Staatsbürger grundsätzlich nicht ausgeliefert werden.
Die deutschen Behörden ermitteln parallel wegen Geldwäscheverdachts und eines möglichen Investmentbetrugs beim „Projekt Franz“ am Münchner Bahnhofsplatz. Hier soll ein ausländischer Staatsfonds ins Investment gelockt worden sein, wobei der Anleiheerlös zweckwidrig verwendet worden sein soll. Die WKStA hat nun ihre Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften Berlin und München I intensiviert.
Die bisher größte österreichische Insolvenz zieht damit immer weitere Kreise. Der einstige Vorzeige-Unternehmer Benko, der auch wegen versuchter Bestechung des ehemaligen Finanzministeriums-Generalsekretärs Thomas Schmid im Visier der Ermittler steht, bestreitet sämtliche Vorwürfe. (mit dpa)
23 Jan 2025
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