taz.de -- 2024 heißestes Jahr in Deutschland: Es folgt der nächste Rekord

Dieses Jahr war das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Die deutsche Klimapolitik reicht einer Studie zufolge nicht aus.
Bild: München, 19. Juli 2024: Kinder kühlen sich an einem heißen Sommertag in den Wasserfontänen des Stachusbrunnens ab

Berlin taz | 2024 war in Deutschland das heißeste Jahr seit Messungsbeginn, meldet der Deutsche Wetterdienst DWD. Zwar stünden die genauen Werte noch nicht fest, so der DWD, aber zwei Wochen vor Jahresende sei bereits klar, dass 2024 Rekordjahr wird. Ausreichend große Kälte, um [1][das bisherige Rekordjahr 2023] zu unterbieten, sei nicht mehr zu erwarten.

Anfang Dezember meldete auch das europäische Erdbeobachtungsinstitut Copernicus, dass [2][auch weltweit noch nie ein heißeres Jahr gemessen wurde als 2024]. Mit sehr wahrscheinlich etwa 1,6 Grad gesteigerter Temperatur ist 2024 das erste Jahr, das die im Pariser Klimaabkommen versprochene Grenze von 1,5 Grad durchbrochen hat. Das 1,5-Grad-Ziel bezieht sich jedoch auf längere Zeiträume, sodass es noch nicht als verfehlt gilt.

„Noch nie war es in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts so warm wie 2024“, sagt Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des DWD. Die Folgen der sich weiter verstärkenden Erderhitzung träfen Deutschland mit häufigeren und intensiveren Wetterextremen. „Als Gesellschaft und als Einzelne müssen wir unser Klima viel besser schützen.“

Dass es bis dahin zwar noch ein weiter Weg ist, aber Deutschland Fortschritte macht, zeigt eine [3][Studie der Bertelsmann-Stiftung], die am Dienstag erschienen ist. Unter den 30 untersuchten Ländern belegt die Klimapolitik Deutschlands den siebten Platz. In der Studie bewerten die Forscher*innen die Klimapolitik 30 reicher, demokratischer Länder nach ihren Emissions- und Investitionszahlen, aber auch danach, wie wirksam, detailliert und schlüssig politische Leitlinien sind. Bei diesen Klimastrategien belegt Deutschland zusammen mit sechs anderen Ländern sogar den ersten Rang, bei den bislang erzielten Ergebnissen dagegen nur Platz 11.

Platz 1 in der Gesamtwertung belegt Schweden, dem die Forscher*innen eine „lange Geschichte strenger klimapolitischer Maßnahmen und Vorschriften“ bescheinigen. Sie warnen jedoch, dass seit dem Antritt des derzeit regierenden Rechtsbündnisses die Vorschriften so weit gelockert wurden, dass Schweden seine Klimaziele wohl nicht erreichen wird.

Neben der Klimapolitik hat die Bertelsmann-Studie auch untersucht, welche Länder bei der Energiewende am weitesten sind und wo die Kreislaufwirtschaft am stärksten vorangetrieben wird. Den größten Fortschritt bei der Energiewende macht den Autor*innen zufolge Dänemark, weil Erneuerbare Stromquellen rasch ausgebaut wurden und die Wärmewende mit effektiv aufeinander abgestimmten Zielen und Maßnahmen vorangetrieben wurde. Deutschland liegt nur auf Platz 15, weil das Stromnetz nicht ausreichend an die Erneuerbaren Energien angepasst wird.

Bei der Kreislaufwirtschaft verortet die Bertelsmann-Studie Deutschland auf Platz 8. Die Forscher*innen loben zwar die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, [4][die die Bundesregierung im Herbst verabschiedet hat] und mit der der deutsche Pro-Kopf-Verbrauch von Rohstoffen von derzeit 16 Tonnen auf 8 Tonnen im Jahr 2045 halbiert werden soll. Es fehlten jedoch klare Zwischenziele und ein System, um den Fortschritt der Strategie zu überprüfen. Anders sei das in Schweden, wo der Fortschritt beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft jedes Jahr überprüft wird.

17 Dec 2024

LINKS

[1] /Deutscher-Wetterdienst-zur-Klimakrise/!5997749
[2] /Klimakrise/!6055254
[3] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/wie-weit-sind-die-wirtschaftlich-staerksten-demokratien-bei-der-verwirklichung-wirksamer-politischer-transformationsstrategien-fuer-eine-klimaneutrale-und-ressourceneffiziente-wirtschaft
[4] /Neue-Kreislaufwirtschaftsstrategie/!6014632

AUTOREN

Jonas Waack

TAGS

Schwerpunkt Klimawandel
Schweden
Dänemark
Schwedendemokraten
Energiewende
GNS
Wärmepumpe
Schwerpunkt Flucht
Vereinte Nationen
Schwerpunkt Syrien

ARTIKEL ZUM THEMA

Furcht vor Förderstopp: Mehr Wärmepumpen verkauft

Zwar zieht der Verkauf von Wärmepumpen an, weil unklar ist, was aus den Zuschüssen wird. Das Ziel von 500.000 neuen Geräten pro Jahr liegt aber in Ferne.

Migration auf dem Ärmelkanal: Effizienz mit Todesfolge

Nie war es für Bootsmigrant*innen lebensgefährlicher als 2024, den Ärmelkanal zu überqueren. Ein Grund ist die massive Hochrüstung der Küsten.

Verhandlungen zu UN-Lieferkettengesetz: EU macht nicht mit

Die EU blockiert regelmäßig Initiativen aus dem Globalen Süden bei den Vereinten Nationen. Die Länder wollen bei globalen Regeln mit am Tisch sitzen.

Sturz des Assad-Regimes: Freut euch über Syrien!

Große Teile der hiesigen Öffentlichkeit begegnen der syrischen Revolution mit massiven Vorbehalten. Wo bleibt die Begeisterung?