taz.de -- Entscheidung des EuGH: Italien bleibt für Dublin-Geflüchtete zuständig
Seit zwei Jahren weigert sich die Meloni-Regierung, Geflüchtete zurückzunehmen. Doch Deutschland wird dadurch nicht für Dublin-Flüchtlinge zuständig.
FREIBURG taz | Seit zwei Jahren weigert sich Italien, Flüchtlinge zurückzunehmen, für deren Asylverfahren das Land eigentlich zuständig ist. Das ist keine „systemische Schwachstelle“ des italienischen Asylsystems, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden hat. Italien blieb also (theoretisch) zunächst für diese Asylverfahren zuständig. Dies betrifft auch Zehntausende Personen in Deutschland.
Nach der [1][Dublin-III-Verordnung] muss in der Regel der EU-Staat ein Asylverfahren durchführen, in dem ein Flüchtling erstmals EU-Boden betrat. Als die rechte Regierung von Giorgia Meloni in Italien ins Amt kam, kündigte sie im Dezember 2022 gleich an, dass Italien wegen Überlastung keine Flüchtlinge mehr aus anderen EU-Staaten zurücknehmen wird.
Dennoch wurden Asylanträge in Deutschland [2][weiterhin als unzulässig abgelehnt], wenn sich herausstellte, dass der Flüchtling zuvor in Italien war. Das Oberverwaltungsgericht Münster wollte nun vom EuGH wissen, ob dies nicht eine systemische Schwachstelle des italienischen Asylsystems ist, sodass sofort Deutschland für das Asylverfahren zuständig wäre.
Der EuGH verneinte dies. Nur systemische Schwachstellen, die zu menschenunwürdiger Behandlung oder Verelendung führen, lassen das Asylverfahren sofort übergehen. Die bloße Verweigerung der Nicht-Rücknahme genüge nicht, so der EuGH.
Nach Informationen von Pro Asyl erhalten diese Flüchtlinge dennoch ein Asylverfahren in Deutschland, wenn binnen sechs Monaten keine Überstellung nach Italien möglich ist. Dann geht die Zuständigkeit nach den Dublin-Regeln doch auf Deutschland über. Eigentlich müsste die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien einleiten. Bisher hat sie darauf aber verzichtet, wohl [3][um Giorgia Meloni nicht zu verärgern].
19 Dec 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Brandenburg eröffnet ein „Dublin-Zentrum“ für Flüchtlinge, für die ein anderes EU-Land zuständig ist. Welche Probleme das lösen soll, bleibt unklar.
EU-Staaten wie Italien sollen wieder Flüchtlinge zurücknehmen, für deren Asylverfahren sie zuständig sind.
Die italienische Regierungschefin lässt erneut über das Mittelmeer Geflüchtete in albanische Abschiebelager bringen. Kommt sie diesmal damit durch?
In ihrem Newsletter erzählt Sham Jaff, was gerade auf der Welt passiert – abseits vom Eurozentrismus. Über 26.000 Menschen interessiert das.
Um private Geldüberweisungen von Geflüchteten tobt eine politische Debatte. Doch auch nach Deutschland fließt Geld. Allein 2023 waren es 20 Milliarden US-Dollar.
Die Regierung im Warschau lehnt den von der EU beschlossenen Handelsdeal ab. Ein Grund: die Präsidentschaftswahl 2025