taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Verloren im Nebel tanzen

Auf „Dark Portrait“ verschränkt Elina Shorokhov alias Soela Klaviermusik mit Clubnummern. Man möchte tanzen zu diesem nachdenklichen Sound.
Bild: Als Soela widmet sich die Pianistin Elina Shorokhov ihrer Seite als DJ und Produzentin

Wie gehen Russen mit dem Angriffskrieg „ihres“ Landes auf die Ukraine um, wenn sie sich ausdrücklich nicht damit identifizieren? Die in Berlin lebende Künstlerin Elina Shorokhova alias Soela reagiert mit Trauer oder genauer: mit trauriger Musik. Auf ihrem zweiten Album, „Dark Portrait“, das bei dem Brooklyner House-Label Scissor & Thread erschienen ist, wechseln sich introspektiv verhaltene Clubnummern mit in Moll gehaltenen Klaviernummern ab.

Soelas abgerundeter, eher weich gezeichneter Sound mag sanft wirken, was Titel wie „Lost in the Fog“ zu bestätigen scheinen. Er gehört jedoch zu einem recht großen Umfeld, das im House seit ein paar Jahrzehnten eine Nische bedient, für die neben Scissor & Thread auch Labels wie Dial stehen.

„Melancholisch“ ist ein Adjektiv, das gern in Verbindung mit diesen Spielarten von Clubmusik verwendet wird, aber nicht besonders aussagekräftig ist. Sagen lässt sich zumindest, dass Feiern hier mit leicht gebremster Euphorie angegangen wird. Man muss beim Tanzen nicht gleich Tränen in den Augen haben, es würde sich andererseits niemand daran stören.

Soela arbeitet auf „Dark Portrait“ konsequenterweise in einzelnen Nummern sowohl mit dem Dial-Mitgründer Lawrence als auch mit Francis Harris, einem der Betreiber von Scissor & Thread, zusammen. Sie alle neigen zu nachdenklicher Musik. Was für den Anlass im Fall von Soela mehr als passt. So kann man ihre Musik als einen Ausdruck von Trauer verstehen, der sich nicht darin verkriecht, sondern zugleich Trost sucht. Immerhin heißt der zweite Titel des Albums „February Is Not Going to Be Forever“. Muss man sich immer mal wieder in Erinnerung rufen.

1 Oct 2024

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Tim Caspar Boehme

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