taz.de -- Waldbrände in Brasilien: „Krieg gegen Feuer und Verbrechen“

In Brasilien toben erneut heftige Waldbrände. Keiner davon hat eine natürliche Ursache. Bislang wurden drei Menschen festgenommen.
Bild: einer der vielen Brände, die derzeit in Brasilien wüten

In Brasilien ist der menschengemachte Klimawandel derzeit an vielen Orten des Landes zu riechen – und zu sehen. Denn die Rauchschwaden der rund 3.500 Brände, die derzeit im bevölkerungsreichsten Bundesstaat São Paulo wüten, sind auch aus der Ferne sichtbar.

Es sind die schwersten Waldbrände in einem August seit Beginn der Aufzeichnungen von 1998. Das zeigen Satellitendaten des Nationalen Instituts für [1][Weltraumforschung INPE]. Laut Medienberichten starben am Freitag zwei Menschen bei dem Versuch, das Feuer zu bekämpfen, Hunderte mussten ihre Häuser verlassen. 48 Städte riefen die höchste Alarmstufe aus, 15.000 Feuerwehrleute sind im Einsatz, dazu unzählige freiwillige Helfer.

Gleichzeitig ermitteln die brasilianischen Behörden. Denn bislang sei keiner der Brände auf natürliche Ursachen zurückzuführen, sagte Präsident Lula da Silva am Sonntag in den sozialen Medien. „Das bedeutet, dass es Menschen gibt, die illegal Brände legen“, stellte Lula fest. Brasiliens Umweltministerin Marina Silva sprach von einem „Krieg gegen Feuer und Kriminalität“.

Erst Wasser, dann Feuer

Am Montag verkündete der Gouverneur von São Paulo, Tarcísio de Freitas, man habe bislang drei verdächtige Personen festgenommen.

Illegale Brandrodung kommt in Brasilien häufig vor. Abgeholzte Flächen werden angezündet, um neue Weiden sowie Ackerland für den lukrativen Sojaanbau zu schaffen. Doch der Klimawandel verstärkt die Gefahr einer Ausbreitung des Feuers. In diesem Jahr leidet Brasilien erneut unter hohen Temperaturen und einer extremen Dürre – wie schon 2023.

Auch im Amazonasgebiet gibt es derzeit schwere Brände. In Manaus sei der Pegel des Flusses Rio Negro, einer wichtigen Verkehrsader in der Region, auf ein Rekordniveau gesunken, berichten örtliche Medien. Hunderte von indigenen Siedlungen und Ortschaften seien nahezu isoliert und die Kosten für manche Lebensmittel um bis zu 100 Prozent gestiegen. [2][Im Pantanal], dem weltweit größten Feuchtgebiet im Süden des Landes sowie in der nördlichen [3][Savannenregion Cerrado] brannte es zuletzt im Juni, lange bevor die eigentliche Waldbrandsaison begonnen hat.

Doch es ist nicht nur das Feuer, das Brasilien seit zwei Jahren fast ununterbrochen zusetzt. Erst im Mai versank nach tagelangen Regenschauern die halbe Millionenstadt Porto Alegre in den Fluten des über die Ufer getretenen Flusses Guaíba, 117 Menschen starben, Hunderttausende wurden obdachlos. [4][Eine Jahrhundertkatastrophe.] Doch zu einem Umdenken in weiten Teilen von Politik und Wirtschaft hat auch das bislang nicht geführt.

26 Aug 2024

LINKS

[1] https://terrabrasilis.dpi.inpe.br/queimadas/bdqueimadas/
[2] /Feuer-in-Brasilien/!6019744
[3] /Entwaldung-fuer-Sojaanbau-in-Brasilien/!5942930
[4] /Klimakatastrophe-in-Brasilien/!6012394

AUTOREN

Sunny Riedel

TAGS

Brasilien
Abholzung
Waldbrände
Brasilien
Schwerpunkt Klimawandel
Umweltpreis
Brasilien
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Brasilien

ARTIKEL ZUM THEMA

Explosionen in Brasilien: Mann wollte mit Sprengstoff Obersten Gerichtshof betreten

Wenige Tage vor dem G20-Gipfel hat sich vor dem Obersten Gerichtshof in Brasília ein mutmaßlicher Selbstmordanschlag ereignet. Das Motiv ist unklar.

Forscherin über Waldbrände in Brasilien: „Fast alle Brände werden gelegt“

Im Amazonasgebiet herrscht schlimme Dürre. Waldbrände wüten und die CO2-Emissionen steigen. Forscherin Ane Alencar erklärt, wie das zusammenhängt.

Deutscher Umweltpreis verliehen: Ladesäulen und Moore

Der Deutsche Umweltpreis geht 2024 an eine Moorforscherin und einen Ingenieur. Er ist mit 500.000 Euro dotiert.

Brasiliens Landlosenbewegung MST: Der Anbau der Utopie

Seit 40 Jahren kämpft Brasiliens Landlosenbewegung für eine faire Verteilung von Land – trotz mächtiger Feinde. Zu Besuch bei zwei Camps.

Hochwasser in Südbrasilien: Flutgrund Flughafen

Schwere Überschwemmungen zerstörten im Mai Teile Südbrasiliens. Das deutsche Unternehmen Fraport könnte dabei eine brisante Rolle spielen.

Feuer in Brasilien: Das Pantanal brennt wieder

Auch unter Präsident Lula brennt es in dem brasilianischen Naturreservat. Kann er die Brandrodungen der Großgrundbesitzer stoppen?

Waldbrände in Brasilien: Indigene Flammenjäger

Amazonien leidet unter extremer Dürre. Es toben so viele Feuer wie noch nie. Unterwegs mit einer indigenen Feuerwehr, die ihre Heimat retten will.