taz.de -- Klage Schweizer Frauen erfolgreich: Klimaschutz ist Menschenrecht
Die „Klimaseniorinnen“ haben das Menschenrecht auf Klimaschutz erstritten. Ein historischer Sieg, auch wenn zwei weitere Klagen abgewiesen wurden.
Die Schweiz betreibt nicht genug Klimaschutz und verletzt dadurch Menschenrechte. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag entschieden.
Es klingt erst mal wie etwas, das ohnehin schon alle wissen: Schließlich sterben jetzt schon jedes Jahr viele tausend Menschen infolge von Hitze. Dürren und Überschwemmungen raffen manche Ernte dahin und machen eine ausreichende und gesunde Ernährung schwieriger und teurer. Die Klimakrise führt zu bedeutsamen Einschränkungen in ganz grundlegenden Bedürfnissen von Menschen. Und Industrieländer wie die Schweiz tun zwar nicht nichts dagegen, aber natürlich deutlich zu wenig. Das ist mehr oder weniger Common Sense.
Aber Common Sense ist vor Gericht nicht alles, wenn nicht sogar fast nichts. Die Menschenrechtskonvention, deren Einhaltung der Menschenrechtsgerichtshof überwacht, stammt aus dem Jahr 1950. Sie erwähnt die Klimakrise entsprechend nicht einmal. Würden die Richter*innen sich überhaupt zuständig fühlen? Das war vor dem Urteil eine berechtigte Sorge.
Geklagt hatten die Klimaseniorinnen, eine Gruppe aus etwa 2.000 Schweizerinnen. In der Eidgenossenschaft haben sie sich schon erfolglos durch die Instanzen geklagt. Dass die Straßburger Richter*innen ihnen nun in weiten Teilen recht gegeben haben, ist ein riesiger Erfolg.
Denn es ist überhaupt die erste [1][Klimaklage], die bei den Straßburger Richter*innen Erfolg hat. Zwei weitere wiesen sie am Dienstag ab, allerdings vor allem aus formalen Gründen.
Portugiesische Jugendliche hatten mehr als 30 europäische Staaten auf mehr [2][Klimaschutz] verklagt, hätten aber nach Ansicht des Gerichts erst die Instanzen in ihrem Heimatland bemühen müssen.
Und der Franzose Damien Carême, ehemaliger Bürgermeister des Küstenortes Grande-Synthe, hatte seine Regierung angeklagt. Nur ist er mittlerweile EU-Abgeordneter und in Brüssel wohnhaft – und kann damit laut Gericht nicht mehr als Opfer im Sinne seiner Klage gelten.
Das Fazit bleibt also trotz dieser Urteile unangefochten: Klimaschutz ist Menschenrecht.
9 Apr 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Klimaschutz ist ein Menschenrecht und Verbände können es einklagen. Über ein Gerichtsurteil mit Signalwirkung über die Schweiz hinaus.
Gericht verhandelt Klima-Pflichten von Shell. In Indien herrscht lebensgefährliche Hitze. Die Klimakrise macht Kinder krank.
Bis spätestens 2038 soll Schluss sein mit dem Kohleabbau in der Lausitz. Die Region, die alles auf das schwarze Gestein ausgerichtet hat, versucht den Strukturwandel.
Mercedes-Benz soll spätestens 2030 keine Verbrenner mehr verkaufen dürfen, fordert die DUH. Der Verein verklagt den Autobauer und andere Konzerne.