taz.de -- Friedensplan für Israel und Libanon: Zu begrüßende Initiative

Frankreichs Vorstoß, die Grenze zwischen Israel und Libanon zu befrieden, ist gut gemeint. Die frühere Mandatsmacht hat aber kaum noch Einfluss.
Bild: Israelische Artillerie an der Grenze zum Libanon am 15. Januar

Endlich eine konstruktive Nachricht! Frankreich hat einen Friedensvorschlag für die Grenzregion zwischen Israel und Libanon gemacht. Die lange überfällige diplomatische Lösung wurde Libanons Regierungschef Nadschib Mikati nach wochenlanger Mediation vorgelegt: Die Kämpfer der Hisbollah sollen sich 10 Kilometer hinter die Grenze zurückziehen. Im Gegenzug müsste Israel die Luftangriffe einstellen.

Anschließend sollen Gespräche über einen langfristigen Waffenstillstand folgen und Verhandlungen über die endgültige Festlegung der umstrittenen Landgrenze. Lieber gestern als heute sollte der Vorschlag umgesetzt werden. Zehntausende Menschen verharren auf der Flucht im eigenen Land – auf beiden Seiten der Grenze. Der Libanon ist seit 2019 in einer starken Wirtschaftskrise. Dort trifft es die Menschen besonders hart. Rund [1][80 Prozent leben in Armut].

Doch der Einfluss Frankreichs im Libanon ist geringer, als es sich die ehemalige Mandatsmacht eingestehen möchte. Frankreichs Partner im Libanon sind die sunnitischen Politiker, die mit dem [2][Rücktritt Saad Hariris] nach den Protesten im Oktober 2019 wenig politischen Einfluss haben. Der sunnitische Mikati ist, wie die gesamte Regierung, nur übergangsweise im Amt. Er hat de facto kein Mitspracherecht in Bezug auf ein Ende der Kämpfe. Allenfalls könnte Mikati den Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah freundlich bitten.

Größere Hoffnungen lagen auf dem [3][US-Vermittler Amos Hochstein]. Er hatte geholfen, im Oktober 2022 endlich die Seegrenze zwischen Libanon und Israel festzulegen. Hochstein steht auch beim Konflikt über den Grenzverlauf auf dem Land im Zentrum der Bemühungen. Seine Ideen hat die Hisbollah im Januar allerdings zurückgewiesen.

Hisbollah-Chef Nasrallah lehnt es ab, offiziell über eine Deeskalation zu verhandeln, bevor der Krieg in Gaza nicht beendet ist. Ein Waffenstillstand und Übereinkommen zwischen Israel und der Hamas ist deshalb Voraussetzung für einen Frieden in der Region. Ein Ende der Aggressionen im Gazastreifen könnte auch die anderen Iran-nahen Milizen beruhigen.

14 Feb 2024

LINKS

[1] https://neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu/news/lebanon-eu60-million-humanitarian-aid-most-vulnerable-2023-03-30_en
[2] /Nach-Sozialprotesten/!5633780
[3] https://www.timesofisrael.com/us-dispatches-senior-envoy-to-cool-roiling-tensions-on-israel-lebanon-border/

AUTOREN

Julia Neumann

TAGS

Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Frankreich
GNS
Libanon
Frieden und Krieg
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Libanon
Libanon

ARTIKEL ZUM THEMA

Eskalation an Israel-Libanon-Grenze: Im Schwitzkasten der Terroristen

Der Schlagabtausch zwischen der Hisbollah und Israel droht zu eskalieren. Für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze wäre ein Krieg katastrophal.

Kampf gegen Hamas im Libanon: Sorge vor Eskalation

Im Libanon wurde der Hamas-Vizechef getötet. Er war auch für den Aufbau eines militärischen Netzwerks im Westjordanland zuständig.

Nahostforscher zur Hamas im Libanon: „Hamas ist mutiger geworden“

Die Hamas ist auch im Libanon aktiv. In palästinensischen Geflüchtetenlagern rekrutiert sie junge Menschen, sagt der Nahostforscher Erling Lorentzen Sogge.

Wirtschaftskrise im Libanon: Mit Tupperdosen zum Essensstand

Über zwei Millionen Menschen sind im Libanon von Hunger bedroht. Eine Initiative versucht mit Landwirten, die Mangellage der Menschen zu verbessern.