taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Women and Man in Uniform

Humor, Hedonismus, Devo-Liebe: Gym Tonic hat sein zweites Album „Sanitary Situations“ veröffentlicht. Eine Synthie-Gitarren-Fusion voller Energie.
Bild: Gym Tonic setzen auch auf schicke Arbeitskleidung

Dass das Berliner Quartett Gym Tonic eine Vorliebe für die US-Postpunks Devo hat, lässt sich bereits an ihren Outfits ablesen. Gern streifen sie sich bei ihren Live-Auftritten Arbeitsuniformen über, sind in weiße Kittel, Space-Anzüge oder Einheitshemden gehüllt. Die international zusammengewürfelte Band wurde 2016 gegründet, sie besteht aus Bassistin und Sängerin Karen Thompson (die unter anderem auch bei den [1][Halfsilks] spielt), Keyboarder Olivier Bernet, Gitarristin und Sängerin Stéphanie Morin sowie Schlagzeugerin Alice Huet.

Kürzlich ist ihr zweites Album „Sanitary Situations“ erschienen, und, was soll man sagen, es strotz vor Energie, in den sechs Songs ist die Nähe zu fidelen Postpunk-Gruppen wie eben [2][Devo], [3][Oingo Boingo] und [4][Gang Of Four] unverkennbar. Die Synthesizer flutschen vom ersten Ton wie geschmiert, sie bilden mit rotzigen Punk-Gitarren das Gerüst des Gym-Tonic-Sounds.

Die Stücke sind sehr eingängig geraten, Songs wie „Mononucleosis“ („Feel weak/ Can’t sleep“) und vor allem das ansteckend melodiöse „Play Dead“ bleiben länger hängen. Inhaltlich widmen sich Gym Tonic sehr unterschiedlichen Themen – darauf weisen schon Songtitel wie „Millenials Angst“, „Maschinenmensch“ und das schon genannte „Mononucleosis“ (die Bezeichnung für Pfeiffersches Drüsenfieber) hin.

Unübersehbar und unüberhörbar ist auch, dass Humor und Hedonismus bei Gym Tonic Hand in Hand gehen, entsprechend darf man sich sehr auf die nächsten Gelegenheiten freuen, an denen die Women and the Man in Uniform ihre Synthie-Gitarren-Fusion auf die Bühne bringen.

29 Oct 2023

LINKS

[1] https://halfsilks.bandcamp.com/album/cupid-operations
[2] /Devo-Abschiedskonzert-in-Berlin/!5952079
[3] /Abu-Ghreib-Doku-Standard-Operation-Procedure/!5181478
[4] /Nachruf-Gruender-der-Gang-of-Four/!5657784

AUTOREN

Jens Uthoff

TAGS

taz Plan
Kolumne Berlinmusik
Postpunk
Synthesizer
taz Plan
taz Plan
taz Plan
taz Plan
taz Plan

ARTIKEL ZUM THEMA

Neue Musik aus Berlin: Leben im Fahrstuhl

Das Berliner Quartett Sex Beat liefert mit seinem Debüt „Call Me“ ein zeitgemäßes Post-Hardcore-Album ab. Am Werk sind dabei alte Bekannte.

Neue Musik aus Berlin: Introspektiv am Schlagzeug

Indie-Schlagzeuger Robert Kretzschmar legt sein Debüt „Homecoming“ vor. Statt großem Spektakel wählt er bedachte Texte und folkig fordernde Töne.

Neue Musik aus Berlin: Trip zum fernen Ufer

Michael Lapuks veröffentlicht mit „Distant Shore“ ein auf 200 Exemplare limitiertes Album mit geradezu optischer Musik – auf vielen Ebenen.

Neue Musik aus Berlin: Nostalgie und Trost

Das Berliner Trio Fotokiller veröffentlicht sein Debüt „Eerie Nostalgia“. Es klingt nach aufgefrischtem Achtziger-Postpunk und -Indierock.

Neue Musik aus Berlin: Brodeln im Pilzwald

Die Berliner Musikerin Jana Sotzko alias Point No Point bringt auf ihrem neuen Album Klänge diverser Kulturen mit Pop und Postrock zusammen.