taz.de -- Ausnahmezustand in Ecuador: Gefängnisunruhen und Gewaltwellen
Nach Zusammenstößen am Wochenende hat Präsident Lasso den Ausnahmezustand für 60 Tage verhängt. Zum Teil gilt auch eine nächtliche Ausgangssperre.
Quito rtr/afp | Ecuadors Präsident Guillermo Lasso verhängt nach den gewalttätigen Ausschreitungen vom Wochenende den Ausnahmezustand und nächtliche Ausgangssperren. In den Küsten-Provinzen Manabi und Los Rios sowie in der Stadt Duran in der Nähe von Guayaquil gelte der Ausnahmezustand für 60 Tage, die Ausgangssperre werde während dieses Zeitraums variieren, teilte die Regierung am Montag mit.
Lasso rief bereits häufiger den Ausnahmezustand aus, da Ecuador wegen struktureller Probleme mit Gefängnisunruhen und Gewaltwellen im ganzen Land zu kämpfen hat. „Wir können nicht leugnen, dass das organisierte Verbrechen den Staat, die politischen Organisationen und die Gesellschaft selbst durchdrungen hat, es ist ein Problem, das sich seit mehr als einem Jahrzehnt zusammenbraut“, sagte er nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts.
Am Montag haben die Behörden die Geiselnahme dutzender Gefängniswärter in weiteren Einrichtungen des Landes bekannt gegeben. Derzeit würden etwa 90 Sicherheitskräfte in Gefängnissen in fünf Provinzen als Geiseln festgehalten, teilte die Gefängnisbehörde Snai am Montag mit. Alle Geiseln seien „in guter Verfassung“. Zudem seien derzeit Häftlinge in 13 Gefängnissen im Hungerstreik, hieß es weiter.
Der Bürgermeister der Küstenstadt Manta war am Sonntag erschossen worden. Außerdem kam es am Wochenende zu Ausschreitungen und Bandenkämpfen im Gefängnis Penitenciaria del Litoral in Guayaquil. Nach Angaben der Gefängnisbehörde Snai wurden dabei mindestens sechs Häftlinge getötet und elf verletzt. In den Gefängnissen von Cotopaxi, Azuay, Cañar, El Oro und Napo nahmen Gefangene 96 Wärter als Geiseln. Seit Sonntag befinden sich Insassen in 13 ecuadorianischen Gefängnissen im Hungerstreik.
Ein chronisches Problem im Land
In den chronisch überfüllten ecuadorianischen Gefängnissen kommt es immer wieder [1][zu Ausschreitungen zwischen Mitgliedern von Banden], die mit mexikanischen Drogenkartellen in Verbindung stehen. Nach Angaben des ecuadorianischen Ombudsmanns für Menschenrechte wurden im vergangenen Jahr in Gefängnissen in dem Land 103 Menschen getötet.
[2][Im Jahr 2021 kamen beispielsweise rund 180 Gefängnisinsassen in Ecuador bei blutigen Ausschreitungen ums Leben]. Dass Gefängnisinsassen Waffen in die Haftanstalten schmuggeln können, führen Experten auf die verbreitete Korruption unter dem Wachpersonal zurück.
25 Jul 2023
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Andrea González Náder folgt im Kampf um die Präsidentschaft auf den ermordeten Villavicencio. Die 36-Jährige ist Umweltaktivistin.
Der Mord an Präsidentschaftskandidat Villavicencio offenbart den Abstieg des einstigen Vorzeigelandes Ecuador. Das liegt auch an neoliberaler Politik.
Ecuadors rechter Präsident Lasso hat das Parlament aufgelöst und regiert jetzt zunächst per Dekret. Die Opposition spricht von einem „Selbstputsch“.
Tausende junge Ecuadorianer*innen verlassen ihre Heimat. Wie Familien und Gemeinden mit der räumlichen Trennung umgehen.
Bei einem Erdbeben sind im Süden Ecuadors mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Weitere 381 Personen wurden verletzt und mehr als 100 Gebäude beschädigt.