taz.de -- Nach Kläranlagen-Unfall in Lettland: Schwefel in Ostsee gespült

Der Boden vor Liepaja gilt als instabil. Trotzdem wurde dort eine Kläranlage gebaut. Nun ist eine Haltemauer eingestürzt und Schlamm ausgeströmt.
Bild: Baden verboten: Die lettische Gesundheitsaufsicht hat die Strände nach dem Unfall geschlossen

Riga afp | Nach einem Unfall in einer Kläranlage in Lettland sind nach Behördenangaben große Mengen [1][schadstoffhaltiger Abfälle in die Ostsee] gelangt. Nach dem Einsturz einer Wand der Anlage am Sonntag in der Hafenstadt Liepaja seien mindestens 1.250 Tonnen schwefelhaltiger Schlamm ausgetreten, teilten die Behörden am Montag mit. Die lettische Gesundheitsaufsicht ordnete die Schließung von Stränden an und verbot das Baden in der Ostsee.

„Wir wissen nicht, wann es uns gelingen wird, die kaputten Schlammtanks zu reparieren“, sagte der Bürgermeister von Liepaja, Gunars Ansins, dem Fernsehsender LTV1. Er rate daher allen Einwohnern von Liepaja, „weniger Wasser in die Toilette zu schütten“, denn nun würden „alle Abwässer ins offene Meer geleitet“.

In einer weiteren Mitteilung auf der Internetseite der Stadt erklärte Ansins, es bestehe „keine Gefahr für die Gesundheit“. „Wir tun alles, was möglich ist, um die Einleitung von Schadstoffen in die Ostsee so schnell wie möglich zu stoppen“, erklärte er und fügte hinzu, dass die Wasserqualität überwacht werde.

Die nationale Umweltschutzbehörde leitete eine Untersuchung des Unfalls ein. Ihren Angaben zufolge werden weiterhin 400 Tonnen Abfall pro Stunde ins Meer gespült.

Es gab Warnungen

Der Geschäftsführer des für die städtische Wasserversorgung und das Recycling-System zuständigen Betreibers, Andis Dejus, wies vor Journalisten darauf hin, dass das beschädigte Gebäude relativ neu sei. Es sei erst 2009 gebaut worden.

Die Geologin Baiba Grinberga erklärte hingegen im Onlinenetzwerk Facebook, dass „geotechnische Untersuchungen bereits vor 20 Jahren auf instabilen Boden“ in der Region hingewiesen hätten. Die Recyclinganlage sei aber trotzdem gebaut worden.

25 Jul 2023

LINKS

[1] /Folgen-der-Erderwaermung/!5891316

TAGS

Ostsee
Meeresverschmutzung
Lettland
Umweltschutz
Munition
Kläranlage
Urlaub
Windkraft
wochentaz

ARTIKEL ZUM THEMA

Bergung von Altmunition in der Ostsee: Die Zeitbombe tickt am Ostsee-Grund

Vor der Küste Schleswig-Holsteins startet zum ersten Mal weltweit der Versuch, systematisch Munition zu bergen. Der Beginn eines Generationenprojekts.

Abfallwirtschaft in Deutschland: Der heiße Scheiß

In menschlichem Kot und Urin steckt viel Phosphor, der zu wertvoll zum Wegwerfen ist. Aber wie macht man Kacke zu Gold?

Touristiker über Urlaub 2023: Reisen, aber bitte nachhaltig!

Die Reiseindustrie soll nachhaltiger werden, sagt Sören Hartmann, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft.

Windkraft wird zum lukrativen Geschäft: Energiemultis kaufen Seegebiete

BP und TotalEnergies bezahlen Milliardenbeträge, um Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee bauen zu dürfen. Droht demnächst ein Oligopol?

Umweltfolgenforscher über Tiefseebergbau: „Es geht um das Erbe der Menschheit“

Konzerne wollen Rohstoffe wie Mangan künftig auch aus der Tiefsee gewinnen. Das hätte Auswirkungen auf das Ökosystem, sagt Forscher Matthias Haeckel.