taz.de -- Prior Alois Löser tritt ab: Taizé bekommt einen neuen Chef

Alois Löser will als Prior des ökumenischen Ordens zurücktreten. Sein Umgang mit Missbrauchsvorwürfen könnte ein Grund dafür sein.
Bild: Alois Löser tritt ab

Berlin taz | Alois Löser, Prior von Taizé, will von seinem Amt als Vorsteher der ökumenischen Ordensgemeinschaft zurücktreten. Das geht aus einer internen E-Mail hervor, die der 69-jährige Löser an Personen im Umfeld der Gemeinschaft geschickt hat und die der taz vorliegt. Am Montagnachmittag will Taizé den Wechsel an seiner Spitze öffentlich machen.

Laut der E-Mail wird Löser am 3. Dezember sein Amt an den 58-jährigen Bruder Matthew abgeben. Der bürgerliche Name des neuen Priors ist Andrew Thorpe, er wurde in Großbritannien geboren, gehört der anglikanischen Kirche an und lebt seit 37 Jahren in Taizé.

Der gebürtige Deutsche und Katholik Löser hatte 2005 das Amt des Priors von Taizé übernommen, nachdem eine psychisch kranke Frau seinen 90-jährigen Vorgänger, den Schweizer Roger Schutz, während des Abendgebetes erstochen hatte. 1949 hatte Schutz die Ordensgemeinschaft in dem französischen Dorf Taizé gegründet. Ihr gehören rund 100 Männer verschiedener Nationalitäten und Konfessionen an. Seit den Siebzigerjahren kommen [1][Tausende junge Menschen in Taizé zusammen.]

Sexuelle Übergriffe wurden vor vier Jahren öffentlich

Ab 2019 machte die Ordensgemeinschaft eine Reihe von sexuellen Übergriffen durch Brüder öffentlich. [2][Die taz hat im Dezember 2022 über einen bis dahin unbekannten Fall und die schleppende Aufarbeitung berichtet.] „Der Mangel an Transparenz und Entschiedenheit im Umgang mit diesen Fällen hat oft den Schmerz noch verstärkt, der durch diese Vergehen und Verbrechen verursacht wurde“, hieß es damals von Löser. Ob er deshalb zurücktritt, war bis Redaktionsschluss nicht von ihm zu erfahren.

23 Jul 2023

LINKS

[1] /Taize-Treffen-in-Berlin/!5104176
[2] /Christliche-Gemeinschaft-von-Taize/!5901344

AUTOREN

Stefan Hunglinger

TAGS

sexueller Missbrauch
Katholische Kirche
Evangelische Kirche
Ökumene
Großbritannien
Kindesmissbrauch
Christentum
Manchester

ARTIKEL ZUM THEMA

Missbrauch in der anglikanischen Kirche: Erzbischof tritt nach Vertuschungsvorwürfen zurück

In Großbritannien war der Druck auf Justin Welby immer weiter gestiegen. Laut einer Untersuchung soll er schweren Missbrauch vertuscht haben.

Vorwürfe gegen Taizé-Gemeinschaft: Kinderpornos hinter Klostermauern

Die Missbrauchsvorwürfe gegen die Taizé-Gemeinschaft in Frankreich wiegen schwer. Nun ist erstmals ein Bruder schuldig gesprochen worden.

Christliche Gemeinschaft von Taizé: Missbrauchtes Vertrauen

Am Mittwoch beginnt in Rostock das 45. Europäische Jugendtreffen von Taizé. Betroffene sexualisierter Gewalt kritisieren die schleppende Aufarbeitung.

Dilemma beim Kirchentag: Der wundersame Gläubigenschwund

Der Schlussgottesdienst in Wittenberg sollte der Höhepunkt des Kirchentags werden – mit 150.000 Besuchern. Das wird wohl nichts.

Taizé-Treffen in Berlin: Mit einem Lied auf den Lippen

Fünf Tage lang haben 28.000 junge Menschen aus ganz Europa gemeinsam gebetet, gesungen, gelacht, gesungen, Gedanken ausgetauscht, gebetet und gelacht.

Taizé-Treffen in Berlin: "Ein Zeichen der Toleranz"

Mehr als 25.000 Jugendliche aus aller Welt treffen heute in Berlin zum Europäischen Jugendtreffen von Taizé ein. Papst Benedikt XVI. fordert die jungen Christen auf, die "Fesseln der Angst" zu lösen.

Taizé-Jugendtreffen in Berlin: Achtung, die Christen kommen

Die Stadt hat zur Jahreswende das weltweit größte christliche Jugendtreffen zu Gast. Die Vorbereitung ist mühevoll - was auch an der mangelnden Euphorie der Berliner liegt