taz.de -- Müllentsorgung im Irak: Verbrennen oder auf den Staat warten?

Im kurdischen Irak ist nur ein Unternehmen für die Müllabfuhr zuständig. Werden sie nicht bezahlt, bleibt der Abfall liegen – oder wird angezündet.
Bild: Wird der Müll endlich abgeholt? In Irak keine Selbstverständlichkeit

Wie oft kommt im Irak die Müllabfuhr? Ganz knapp zusammengefasst: viel zu selten. Und: Es ist kompliziert. Etwa in dem Dorf Qorto in der kurdischen Autonomieregion im Norden des Irak. Dort lebt Dilshad Ahmad, der auf diese Frage antwortet: „Nie! Früher wurde hier einmal pro Woche der Müll abgeholt. Seit einem Monat passiert aber Nullkommanichts mehr!“

Was er und die anderen Dorfbewohner nun mit ihrem Müll machen? „Na, was schon? Wir verbrennen ihn einfach. Überall steigt Rauch auf, es stinkt erbärmlich, überall schwirren Fliegen und Moskitos. Meine Nachbarn und ich werden krank, haben Asthma, Allergien oder Nasennebenhöhlen-Entzündungen von all dem Rauch.“

Die Stadtverwaltung von Karmajan, die dafür zuständig ist, dass in Qorto sowie den anderen Dörfern der Region der Müll abgeholt wird, weist das Problem zwar nicht von sich, hat aber eine ganz einfache Erklärung dafür, warum der Müll derzeit liegen bleibt: Aufgrund der Wirtschaftskrise fehlen schlichtweg finanzielle Mittel, um das Unternehmen, das sich bislang in der nordirakischen Region um die Entsorgung gekümmert hat, weiter dafür zu bezahlen.

Die Folgen für die Bewohnerinnen und Bewohner der Region sind dramatisch. Nicht nur, dass sie der Rauch krank macht – starke Regenfälle haben auch noch dazu geführt, dass der Müll in die umliegenden Flüsse gespült und das Trinkwasser dadurch verseucht wurde.

Abdul Muttalib Refaat, ist Umweltexperte für Wasserressourcen. Das größte Problem, bestätigt er, sei die Abhängigkeit von nur einem Unternehmen, das in der Region Kurdistan für die Müllbeseitigung zuständig ist. Und selbst wenn der Müll abgeholt wird, wird er laut Refaat nicht fachgerecht entsorgt. Weder seien die Deponien weit genug von Siedlungen und Flüssen entfernt, noch werde der Müll vor der Verbrennung sortiert. „Was wir hier dringend brauchen“, sagt er, „sind Auflagen für den Umweltschutz.“

Barzan Karim, der ebenfalls in einem der Dörfer der Region lebt, wäre froh, wenn die Müllabfuhr einfach mal wieder käme und er seinen Müll nicht mehr vergraben müsste. Mehrfach hat er sich an die zuständigen Behörden gewandt. Er wartet noch immer auf eine Antwort.

Laila Ahmed, Kirkuk, Irak

2 Jul 2023

AUTOREN

Ahmed

TAGS

Was heißt Klimakrise auf Arabisch?
Irak
Müllabfuhr
Was heißt Klimakrise auf Arabisch?
Was heißt Klimakrise auf Arabisch?
Wassermangel

ARTIKEL ZUM THEMA

Pilotprojekt Mülltrennung: Woran Recycling in Syrien noch hakt

Al-Hasaka will künftig Müll recyceln. Doch bei dem Politprojekt in Syrien zeigen sich erste Probleme.

Gesundheitsforscher über Hitzestress: Macht uns Hitze zu Zombies?

Die Klimakrise könnte zu 250.000 Todesfällen pro Jahr führen. Und nicht nur Menschen leiden. Ein Gespräch mit Forscher Ali über Hitze, Arten und Permafrost.

See in Irak trocknet aus: Was macht ein Fischer ohne Fische?

Der Razazza-See im Irak verwandelt sich in eine vertrocknete Brache. Den örtlichen Fischern nehmen Klimawandel und Wasserpolitik ihre Lebensgrundlage.