taz.de -- Gesundheitsforscher über Hitzestress: Macht uns Hitze zu Zombies?

Die Klimakrise könnte zu 250.000 Todesfällen pro Jahr führen. Und nicht nur Menschen leiden. Ein Gespräch mit Forscher Ali über Hitze, Arten und Permafrost.
Bild: Die Temperatur weltweit nimmt zu. Was bedeutet das für Menschen, Tiere, Pflanzen?

Nagham Makki Al Ajer: Von 2030 bis 2050 wird die Klimakrise voraussichtlich jährlich etwa 250.000 Todesfälle durch Unterernährung, Krankheiten und Hitzestress verursachen. Welche grundsätzlichen Auswirkungen hat die Klimakrise auf uns Menschen?

Mostafa Mohamed Ali: Klimatische Veränderungen haben direkte Auswirkungen auf alle lebenden Organismen. Sie werden sowohl das Wachstum, die Fortpflanzung als auch die Überlebenschancen verändern. Viele Arten werden zudem in neue Gebiete migrieren müssen, um eine Umgebung zu finden, in der sie weiter überleben können.

Das heißt, das gesamte Ökosystem gerät aus den Fugen?

So ist es. Besonders die Verschiebung der Jahreszeiten wird sowohl in der Pflanzen- als auch in der Tierwelt einiges durcheinanderbringen. Einige Arten werden in der Lage sein, sich an sich ändernde klimatische Bedingungen anzupassen, andere möglicherweise nicht. Das wird zu einem verstärkten Wettbewerb um Ressourcen und dem Aussterben von Arten führen.

Was bedeuten diese Veränderungen für uns Menschen?

Veränderte Bodenverhältnisse können das Wachstum invasiver Pflanzenarten begünstigen, die heimische Pflanzenarten verdrängen. Nützlichen Heil- und Nutzpflanzen, die für unsere Ernährung und Gesundheit wichtig sind, droht dadurch das Aussterben.

Auch wenn wir im Irak weit entfernt von Regionen mit Permafrost, etwa das russische Sibirien, leben – wie hoch ist die Gefahr, die von Viren ausgehen, die durch das Auftauen der Permafrostböden freigesetzt werden?

Das Risiko einer Pandemie durch immunresistente Viren ist spekulativ und noch nicht vollständig erforscht. Selbst wenn Viren und Bakterien aus dem Eis freigesetzt werden, ist unklar, ob diese alten Viren und Bakterien gefährlicher sind als moderne Krankheitserreger oder ob sie gegen aktuelle Behandlungsmethoden resistent sind.

Die Gefahr, dass wir alle zu Zombies mutieren, ist also gering?

Die Klimakrise wird uns nicht zu Zombies machen, aber sie hat das Potential, durch Krankheiten, die mit ihr einhergehen, unser Immunsystem und damit uns selbst anzugreifen.

Das Gespräch führte Nagham Makki Al Ajer, Basra, Irak.

1 Jul 2023

AUTOREN

Makki Al Ajer

TAGS

Was heißt Klimakrise auf Arabisch?
Hitze
Erderwärmung
Schwerpunkt Klimawandel
IG
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Was heißt Klimakrise auf Arabisch?
Was heißt Klimakrise auf Arabisch?
Was heißt Klimakrise auf Arabisch?
Podcast „klima update°“
Schwerpunkt Klimawandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Wie Tiere unter Hitze leiden: Hecheln, japsen, kollabieren

Hitzewellen schlagen nicht nur Menschen auf Gesundheit und Gemüt. Auch Haus-, Wild- und Nutztiere leiden unter extremen Temperaturen.

Debatten über extreme Wärme: Die Hitzediktatur

Die nächste deutsche Gesundheitskrise steht an. Sie dürfte der Coronapandemie ziemlich ähneln, zumindest was die politischen Diskussionen angeht.

Studie zu Gefahr durch Hitze: 60.000 Hitzetote in Europa

Ein Forschungsteam hat die Zahlen der Hitzetoten in Europa im Sommer 2022 ermittelt. Expert:innen fordern, gerade in Städten auf Prävention zu setzen.

Ungewöhnlich hohe Temperaturen: 4. Juli heißester Tag auf der Welt

Mit 17,18 Grad im globalen Durchschnitt bricht der Dienstag gleich den Hitzerekord vom Montag. Neue Höchstwerte werden wohl nicht lange auf sich warten lassen.

Landwirtschaft und Klima im Irak: Wen trifft die Klimakrise am meisten?

Kurz gesagt: Frauen, denn sie sind oft abhängiger von der Natur für ihren Lebensunterhalt. Wie Bäuerin Umm Hassan, deren Büffel unter der Hitze leiden.

Renaturierung im Irak: Wie kann ein Sumpfgebiet gesunden?

Die irakischen Sumpfgebiete sind ein reiches Ökosystem – eigentlich. Müll und Trockenheit setzen ihnen zu. Die Biologin Halima Jabbar will helfen.

Müllentsorgung im Irak: Verbrennen oder auf den Staat warten?

Im kurdischen Irak ist nur ein Unternehmen für die Müllabfuhr zuständig. Werden sie nicht bezahlt, bleibt der Abfall liegen – oder wird angezündet.

taz-Podcast „klima update°“: Die Klima-News der Woche

2022 ging wieder mehr Regenwald verloren, und arme Länder sollen nach Klimakatastrophen Schuldenpausen bekommen.

Greenpeace gegen Norwegens Regierung: Neues Öl, neues Gas, neue Klimaklage

Die Regierung in Oslo genehmigt 19 neue Offshore-Projekte. Umweltverbände wie Greenpeace wehren sich dagegen vor Gericht.