taz.de -- Nachruf auf Gordon Lightfoot: Der kanadische Melancholiker
Gordon Lightfoot hat bekannte Interpreten mit Songtexten versorgt und besonders das Folk-Genre geprägt. Nun ist er mit 84 Jahren gestorben.
Unter Folkies, Freunden und Freundinnen von freundlicher, gleichwohl intensiver Light-Country-Musik war er in den sechziger Jahren eine kleine Berühmtheit: Gordon Lightfoot. Jahrgang 1938, geboren in Orillia, Ontario, war als Songwriter eine feine Adresse. Interpretinnen* wie Peter, Paul & Mary, Bob Dylan, später Paul Weller und Johnny Cash sangen sein Material, Lieder wie „Sundown“, „[1][Summer Side of Life]“, „[2][Carefree Highway]“, „[3][Miguel]“, „[4][Did She Mention My Name]“ oder „[5][Rainy Day People]“ entsprangen einem Gemüt.
Anders als beim international orientierten Landsmann Leonard Cohen oder bei seiner cooler scheinenden Kollegin Joni Mitchell schien Lightfoot immer melancholisch gestimmt. Ein ewiger Roadster, der immer, selbst bei Konzerten im höheren Alter, ein wenig der sehnsuchtsvoll Reisende blieb, sesshaft nur ausnahmsweise, wenn es die Tourpausen erzwangen.
Lightfoot verkörperte für die kleine Gemeinde der Folk-Nerds in Deutschland diese gewisse Atmosphäre freundlicher Traurigkeit aus Prinzip – ein Buddyship-Anführer auf der Gitarre von höchsten Gnaden.
In Deutschland wurde er einem größeren Publikum 1972 bekannt, als einer seiner größten Hits, „[6][If You Could Read My Mind]“ in einer Version der schwedischen Instrumentalband Spotnicks den unterlegten Soundtrack für einen Publikumswettbewerb der ARD während der Olympischen Sommerspiele in München abgab. Ein heiter stimmendes Stück, das irgendwie den Sommer preist und den nahenden Herbst schon zu ahnen scheint.
In Kanadas Music Hall of Fame
Textlich sind fast all seine Stücke von der Vergeblichkeit der Ruhe durchwirkt. Immer scheint er weggehen zu müssen, auch vor seinen Liebsten flüchtend: ein Folk-Motiv schlechthin, von Lightfoot kongenial in seiner Zeit zu Liedern verarbeitet.
Lightfoot, mehrfach verheiratet, mehrere Kinder, hat viele Interpreten mit Songmaterial versorgt, auch Barbra Streisand oder [7][Cher]. 1986 wurde er in die kanadische Music Hall of Fame aufgenommen, die Laudatio auf ihn hielt der spätere Literaturnobelpreisträger Bob Dylan.
Der Melancholiker Lightfoot, der in einem Gespräch vor einigen Monaten bekannte, mit sich und seinem teils ja unruhigen Leben in Frieden zu sein, starb mit 84 Jahren am 1. Mai in Toronto.
2 May 2023
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ein neuer Podcast zeichnet das Werk und Wirken des Schriftstellers und Musikers Leonard Cohen nach. Zu hören ist, was es kostet, ein Genie zu sein.
In der westlichen Provinz Alberta sind bisher 29.000 Menschen vor den Bränden evakuiert worden. Am Samstag wurde bereits der Notstand ausgerufen.
Er war einer der besten Freunde der Beatles und zählte in den Siebzigern zu den gefragtesten Bassisten überhaupt. Jetzt wird Klaus Voormann 85.
Harry Belafonte war Sänger, Schauspieler, Bürgerrechtler. Ein Sozialist ohne falsche Geste vor den Thronen. Nun ist er mit 96 Jahren gestorben.
Der britische Singer-Songwriter Billy Bragg hat sich für sein neues Album „Shine a Light“ mit seinem US-Kollegen Joe Henry zusammengetan.