taz.de -- Schauspielerin Gwyneth Paltrow: Schluss mit toxischer „Wellness“

Die Königin des vermeintlichen Detoxings ist zurück: Schauspielerin Gwyneth Paltrow listet auf, was sie täglich isst. Ein gefährliches Vorbild.
Bild: Gut aussehen auf Kosten der eigenen Gesundheit: Gwyneth Paltrow als schlechtes Vorbild

Das Schöne an Social Media ist ja, dass es ermöglicht, [1][Celebritys zu] widersprechen. Ob wir wollen oder nicht, Stars sind für viele Vorbilder, und auch diejenigen, die glauben, damit nichts zu tun zu haben, können sich dem Einfluss der Unterhaltungsbranche kaum entziehen.

Früher war das alles oneway: Wir haben vom Lifestyle der Promis gehört, ohne die nötigen Ressourcen zu haben, ihn zu hinterfragen (ich spreche hier primär von Kindern und Jugendlichen). Dank der sozialen Medien können jetzt Expert*innen und Betroffene direkt darauf reagieren und diesen Lifestyle in einen Kontext stellen.

Vor wenigen Tagen war Gwyneth Paltrow zu Gast im Podcast „The Art of Being Well“, und zwei Ausschnitte aus dem Interview zirkulierten sofort auf Tiktok (und später den anderen Plattformen). Sie listet auf, was sie täglich zu sich nimmt: Bis 12 Uhr mittags nichts, dann Kaffee, später Fleischbrühe, zum Abendessen Gemüse, dazwischen natürlich Sport. Sie spricht davon, dass sie Detox macht, aber wovon will sie denn detoxen, wenn sie nichts zu sich nimmt?!

In einem zweiten Clip erzählt sie, was für Ersatzmittel und Vitamine sie sich gerade intravenös verabreicht – der Großteil davon wäre komplett unnötig, wenn sie sich halbwegs anständig ernähren würde. Es scheint mir überflüssig, es explizit sagen zu müssen, aber: Das ist nicht gesund, es ist sogar sehr, sehr ungesund.

Magersein um jeden Preis?

Ich reihe mich ein bei denjenigen, die die Ferndiagnose wagen: Das, was Gwyneth Paltrow beschreibt, klingt [2][nach einer Essstörung]. Schlimm genug, dass sie dieses harte Regiment ihrem eigenen Körper antut. Viel schlimmer aber, dass sie gerade jetzt, da Size Zero wieder da ist und die [3][Body-Positivity-Bewegung] begraben scheint, mit diesem Ernährungsplan um die Ecke kommt und Millionen Menschen, vor allem junge Frauen, beeinflussen kann.

Das Schlimmste ist, wie sehr Paltrow diese toxische „Wellness“ kapitalisiert. Ihr 2008 gegründetes Unternehmen Goop ist 250 Millionen US-Dollar schwer. Goop wurde wegen Pseudowissenschaft, Falschaussagen und ungesunder Produkte übrigens mehrfach kritisiert und angeklagt. Mein „Lieblings“-Fun-Fact ist, dass Paltrow ihr Magazin einstellen ließ, weil sie nicht damit einverstanden war, dass die Aussagen in den Artikeln einer Faktenprüfung unterzogen wurden.

Zum Glück gab es gegen Paltrow jetzt einigen Backlash. Ich kann nicht glauben, dass wir zurück sind an dem Punkt, den wir langsam überwunden glaubten: dass Magersein um jeden Preis, dass Essstörungen unter dem Deckmantel vermeintlicher „Wellness“ erneut propagiert werden.

Diejenigen, die zu Y2K-Zeiten jung waren und sich an sich diese toxische Kultur erinnern, schaffen es dank Social Media hoffentlich, die aktuell Jungen und Beeinflussbaren zu erreichen, damit dieser Teufelskreis irgendwann gebrochen wird.

20 Mar 2023

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AUTOREN

Isabella Caldart

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