taz.de -- Brand in Berliner Obdachlosenunterkunft: Syrerin vor zwei Wochen gestorben

Eine sechsfache Mutter ist in Folge eines möglichen Brandanschlags gestorben. Ein Journalist wirft Politik und Polizei vor, den Fall zu ignorieren.
Bild: Feuerwehreinsatz bei einem Brand im Treppenhaus eines vierstöckigen Wohnhauses in Berlin, das als Unterkunft für Geflüchtete genutzt wird

Berlin taz | Nach einem möglichen Brandanschlag [1][auf eine Obdachlosenunterkunft] Ende Januar in Berlin, in der auch Flüchtlinge untergebracht waren, ist eine Bewohnerin an den Folgen ihrer Verletzungen gestorben. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt nun wegen Brandstiftung mit Todesfolge.

Die Syrerin Yazi Almia verstarb offenbar schon vor fast zwei Wochen. Bekannt wurde ihr Tod erst am Wochenende auf Twitter durch den Journalisten [2][Tarek Baé], der mit der Familie in Kontakt ist. Er warf Medien sowie Politik und Polizei vor, den Fall zu ignorieren, obwohl hier möglicherweise ein rassistischer Mord vorliege.

Tatsächlich gab es nur ein paar kleinere Meldungen zu dem Brand am 25. Januar. Die Polizei berichtete damals von einem Brand in einem „Mietshaus, welches teilweise Geflüchteten zur Unterkunft dient“. Das Haus war danach unbewohnbar, die Feuerwehr berichtete von 2 Verletzten von 42 Bewohner*innen.

Berlins Integrationssenatorin Katja Kipping (Linke) erklärte am Montag zum Tod der Frau [3][auf Twitter]: „Sie hinterlässt 6 Kinder. Meine Gedanken & Tränen gelten ihnen.“ Eine Anfrage der taz an die Polizei, ob bekannt sei, dass eine Bewohnerin gestorben war, blieb zunächst unbeantwortet.

Erst am Nachmittag veröffentlichten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft Berlin eine gemeinsame Meldung, in der sie den Tod der 43-Jährigen bestätigten. „Die Ermittlungen des zuständigen Brandkommissariats des Landeskriminalamts Berlin werden nunmehr wegen Brandstiftung mit Todesfolge geführt“, heißt es. Zu den Hintergründen werde weiter intensiv „in jede Richtung“ ermittelt. „Bislang liegen keine Anhaltspunkte für eine politische Tatmotivation vor.“

Elif Eralp, für die Linksfraktion im Berliner Abgeordentenhaus, betonte auf Twitter: [4][„Natürlich muss in Richtung rassistische Tatmotivation ermittelt werden!“]

20 Feb 2023

LINKS

[1] /Obdachlose-im-Winter-in-Berlin/!5902883
[2] https://twitter.com/Tarek_Bae
[3] https://twitter.com/katjakipping/status/1627669098413826048
[4] https://twitter.com/ElifEralpBerlin/status/1627622139703459840

AUTOREN

Susanne Memarnia

TAGS

Berlin-Pankow
IG
Brandanschlag
Schwerpunkt Flucht
Obdachlosigkeit
Geflüchtete
Schwerpunkt Rassismus
Berlin-Pankow
Rechtsextremismus
Erdbeben
Schwerpunkt AfD
Rechter Terror in Berlin-Neukölln

ARTIKEL ZUM THEMA

Brandanschlag auf Geflüchtete in Pankow: Mordkommission ermittelt

Nach dem tödlichen Brandanschlag auf Geflüchtete in Berlin-Pankow im Januar: Linken-Politiker Koçak fordert die Fokussierung auf ein rechtes Tatmotiv.

Nach Brand in Obdachlosenunterkunft: Zum Tod von Yazy A.

Nach einem Brand ist eine Syrerin an ihren Verletzungen gestorben. Was sagt der Fall über den Umgang mit rechter Gewalt aus? Einiges.

Rechtsextremismus-Experte über Brandanschlag: „Verstärkte rechtsextreme Aktivitäten“

Nach dem Tod einer Syrerin in Folge eines Brandanschlags in Berlin-Pankow verweist Andreas Ziehl auf Aktivitäten der lokalen rechte Szene.

Erdbeben in der Türkei und Syrien: Sachspenden vorsätzlich verbrannt

Nach den Erdbeben hat ein Supermarkt in NRW Hilfsgüter gesammelt. Unbekannte verbrannten diese. Der Staatsschutz ermittelt.

Rechte Ausschreitungen in Ostdeutschland: Der Sturm auf die Malzfabrik

Die „Nein zum Heim“- Bewegung gegen Geflüchtete hat im Osten spezifische Ursachen: die Siege der Rechten in den 1990er Jahren.

Rechtsextreme Terrorserie in Neukölln: Freispruch für Neonazi

Tilo P. wird vom Vorwurf mehrerer Auto-Brandstiftungen freigesprochen – trotz vieler Indizien. Gegen Sebastian T. wird der Prozess fortgesetzt.